I. Ausgangslage
Die Bedeutung globaler Unternehmen hat im Welthandel stark zugenommen. Die Thematik der Verrechnungspreise und deren Dokumentation rücken daher immer weiter in den Fokus der Finanzämter und Betriebsprüfer. Mit Wirkung zum 01.01.2025 werden die gesetzlichen Regelungen in Bezug auf die Möglichkeiten der Finanzämter, eine Verrechnungspreisdokumentation anzufordern, sowie die zeitlichen Fristen für deren entsprechende Vorlage verschärft. Auch wenn sie erst ab dem Jahr 2025 gelten werden, führen die neuen Regelungen dazu, dass eine frühzeitige Dokumentation der Verrechnungspreise für Unternehmen schon jetzt noch bedeutender wird als sie es zum aktuellen Zeitpunkt ohnehin schon ist.
II. Hintergrund und Rechtslage zur Dokumentation von Verrechnungspreisen
1. Was sind überhaupt Verrechnungspreise?
Die zwischen einzelnen Gesellschaften eines Konzerns oder einer Unternehmensgruppe bestehenden Beziehungen ermöglichen es ihnen, für ihre internen Geschäftsvorfälle besondere Bedingungen zu vereinbaren, die im Austausch mit unabhängigen, außenstehenden Unternehmen nicht möglich wären. So kann mangels Interessengegensatzes zwischen den einzelnen Unternehmen eine Gewinnplanung im Konzern oder der Gruppe unter Ausnutzung der jeweiligen steuerlichen Gegebenheiten erfolgen. Durch die Vereinbarung nicht fremdüblicher Preise beispielsweise für Waren oder Dienstleistungen besteht für die Unternehmen die Möglichkeit, Gewinne von einer Gesellschaft auf eine andere (im Ausland ansässige) Gesellschaft zu übertragen. Gründe dafür können in einer niedrigeren Besteuerung im Ausland oder in dem Ausnutzen von Verlusten einer Gesellschaft liegen, die ansonsten keine oder nur wenige Gewinne realisiert.
Zur Vermeidung eines willkürlichen Verschiebens von Gewinnen zwischen den Gesellschaften einer Unternehmensgruppe sieht das deutsche Gesetz vor, dass auch im Rahmen von unternehmensinternen Geschäftsbeziehungen zwingend angemessene Verrechnungspreise zu vereinbaren sind. Unter Verrechnungspreisen werden dabei diejenigen Preise verstanden, zu denen ein Unternehmen Waren oder immaterielle Wirtschaftsgüter an verbundene Unternehmen liefert bzw. ihnen gegenüber Dienstleistungen erbringt. Verbundene Unternehmen sind wiederum solche, bei denen eines der Unternehmen mittelbar oder unmittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital des anderen Unternehmens beteiligt ist oder beide Unternehmen unter der Kontrolle desselben dritten Unternehmens stehen. Man spricht dann auch von nahestehenden Unternehmen.
2. Wann sind Verrechnungspreise angemessen?
Verrechnungspreise, die ein Unternehmen einem anderen nahestehenden Unternehmen in Rechnung stellt, sind immer dann angemessen, wenn sie dem sogenannten Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Ein Preis ist demnach als angemessen zu beurteilen, wenn er unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen in dieser Weise bzw. Höhe auch zwischen zwei voneinander unabhängigen Unternehmen vereinbart worden wäre. Was als fremdüblicher und damit angemessener Preis zwischen zwei nahestehenden Unternehmen gilt, wird insofern durch die Verhältnisse am freien Markt bestimmt.
In der Praxis existiert eine ganze Reihe von Methoden, mit denen Unternehmen dem Fremdvergleichsgrundsatz Rechnung tragen können. Eine der dabei am häufigsten angewendeten Methoden ist die sogenannte Preisvergleichsmethode. Hierbei findet ein direkter Vergleich des Preises des konzerninternen Geschäftsvorfalls mit solchen Preisen statt, die aus ähnlichen Geschäftsvorfällen unabhängiger Unternehmen stammen (Vergleichspreise). Entscheidend ist dabei, dass die Waren oder die Dienstleistungen der ermittelten Vergleichspreise mit dem internen Geschäftsvorfall vergleichbar sein müssen. Weicht der Preis, der konzernintern in Rechnung gestellt wurde, von den ermittelten Vergleichspreisen ab, stellt dies ein starkes Indiz dafür dar, dass der Verrechnungspreis nicht fremdüblich und somit auch nicht angemessen war.
3. Welche Folge haben unangemessene Verrechnungspreise?
Entsprechen die abgerechneten Verrechnungspreise nicht dem Fremdvergleichsgrundsatz, kann das Finanzamt die Gewinne des Unternehmens für steuerliche Zwecke korrigieren, um Verzerrungen zu berichtigen und zu erreichen, dass dem Fremdvergleichsgrundsatz Rechnung getragen wird. Die Korrektur geschieht in der Weise, dass die kaufmännischen und finanziellen Bedingungen hergestellt werden, die unter vergleichbaren Umständen und in vergleichbaren Geschäftsvorfällen zwischen unabhängigen Unternehmen vereinbart worden wären. Im Rahmen einer Fiktion wird also so getan, als hätte das Unternehmen dem internen Geschäftsvorfall einen fremdüblichen Preis zugrunde gelegt. Dies führt zu einer Erhöhung der Einkünfte der Gesellschaft um einen fiktiven Korrekturbetrag und damit im Ergebnis zu einer erhöhten Steuerlast. Den fremdüblichen Preis kann das Finanzamt in diesem Zusammenhang schätzen, was in den meisten Fällen für den Steuerpflichtigen zu einem nachteiligen Ergebnis führen wird. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, sich bereits vor der Durchführung des Geschäftsvorgangs zwischen nahestehenden Unternehmen Gedanken über einen angemessenen Verrechnungspreis zu machen.
4. Und warum müssen Verrechnungspreise dokumentiert werden?
Jeder Steuerpflichtige ist von Gesetzeswegen dazu verpflichtet, unternehmensinterne Geschäftsvorfälle, die über die Grenzen Deutschlands hinausgehen, möglichst zeitnah aufzuzeichnen. Die Pflicht zur Verrechnungspreisdokumentation soll vor allem sicherstellen, dass der Steuerpflichtige die Anforderungen des Fremdvergleichsgrundsatzes berücksichtigt und die Finanzbehörde die notwendigen Informationen erhält, um eine sachverständige Risikobeurteilung vornehmen zu können. Nach aktueller Rechtslage kann das Finanzamt deshalb im Rahmen einer Betriebsprüfung die Vorlage einer Verrechnungspreisdokumentation fordern. Mit Beginn der Betriebsprüfung bzw. mit der Anforderung durch das Finanzamt beginnt dann eine 60-tägige Frist, innerhalb derer der Steuerpflichtige dazu verpflichtet ist, die Dokumentation vorzulegen. Bei Nichtvorlage kann das Finanzamt zum einen ein Bußgeld gegen das steuerpflichtige Unternehmen verhängen und zum anderen den Gewinn des Unternehmens im Wege der Schätzung erhöhen.
Wie die Verrechnungspreisdokumentation letztlich aussieht, hängt oftmals von dem konkret zu dokumentierenden Einzelfall ab. Gemeinsam ist jedoch allen Dokumentationen, dass sie sich in zwei Teile – die Sachverhaltsdokumentation und die Angemessenheitsdokumentation – unterteilen lassen. Im Rahmen der Sachverhaltsdokumentation ist der Inhalt der Geschäftsbeziehung näher zu spezifizieren, während bei der Angemessenheitsdokumentation die Angemessenheit der Verrechnungspreise darzulegen ist. Grundsätzlich ist dabei für jeden einzelnen Geschäftsvorfall mit einem nahestehenden Unternehmen sowie für jedes einzelne Jahr der Betriebsprüfung eine separate Dokumentation anzufertigen. Nur in Einzelfällen können mehrere Geschäftsvorfälle in einer Dokumentation zusammengefasst werden.
Die Verpflichtung zur Verrechnungspreisdokumentation ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz und besteht unabhängig von der Aufforderung zu deren Vorlage durch das Finanzamt. Aufgrund der Tatsache, dass die Aufzeichnungen erst mit der Vorlageaufforderung Bedeutung erlangen, wird in der Praxis aber oftmals erst nach der Aufforderung mit der Erstellung der Dokumentation begonnen. Je nachdem wie umfangreich die Geschäftsbeziehungen des steuerpflichtigen Unternehmens zu nahestehenden Unternehmen sind, kann es bei diesem Vorgehen entsprechend schwierig werden, dem Finanzamt die angeforderte Dokumentation innerhalb der 60-tägigen Frist vorzulegen. Es lohnt sich daher auch deshalb – der Gesetzesintention folgend – entsprechende Dokumentationen bereits vor der Anforderung durch das Finanzamt in zeitlicher Nähe zu dem Geschäftsvorfall erstellen zu lassen.
5. Wie wirkt sich dabei die Gesetzesänderung zum 01.01.2025 aus?
Ab dem 01.01.2025 gilt der neugefasste § 90 AO für Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Unternehmen. Die Neufassung bringt dabei zwei grundsätzliche Änderungen für die Verrechnungspreisdokumentation mit sich. Zum einen erhält das Finanzamt die Befugnis, eine Dokumentation zu jeder Zeit – und damit auch außerhalb einer Betriebsprüfung – anzufordern. Zum anderen wird die 60-Tages-Frist für die Vorlage auf eine 30-Tages-Frist verkürzt. Das steuerpflichtige Unternehmen kann sich insoweit nicht mehr darauf verlassen, lediglich im Rahmen einer Betriebsprüfung zur Vorlage einer Verrechnungspreisdokumentation verpflichtet zu werden, sondern muss vielmehr zu jedem Zeitpunkt in der Lage sein, eine Dokumentation vorlegen zu können. Die kürzere Frist von 30 Tagen macht es zudem nahezu unmöglich, eine Dokumentation bei komplexen Geschäftsvorfällen noch rechtzeitig zu erstellen, wenn erst nach der Vorlageaufforderung durch das Finanzamt mit ihrer Erstellung begonnen wird.
III. Unser Tipp
Wir empfehlen Ihnen daher, bereits jetzt entsprechende Verrechnungspreisdokumentationen erstellen zu lassen, um etwaigen Problemen mit dem Finanzamt aus dem Weg zu gehen. Gerne unterstützen wir Sie bei allen Fragen bezüglich der Dokumentation oder nehmen deren Erstellung für Sie vor.
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