Erbfälle mit internationalem Bezug sind heute häufiger als noch vor 50 Jahren. Kennzeichnend für solche Erbfälle ist, dass sich der Nachlass nicht mehr ausschließlich im Inland befindet. Ferienhäuser in Spanien oder Griechenland, Wohnungen in der Schweiz, Bankkonten in den Niederlanden – insbesondere innerhalb der Europäischen Union haben die Grundfreiheiten dazu geführt, dass das Vermögen der Bundesbürger sich auch auf Auslandswerte erstreckt. Dies kann für die Erben eine Herausforderung darstellen, weswegen der vorausschauende Erblasser möglichst frühzeitig seinen Nachlass plant.
II. Internationale Erbfälle
Aus deutscher Sicht kann sich ein internationaler bzw. grenzüberschreitender Erbfall in unterschiedlichsten Konstellationen ergeben.
So kann etwa der Erblasser ausländischer Staatsbürger sein bzw. mehrere Staatsbürgerschaften innehaben oder sich Nachlass wenigstens teilweise im Ausland befinden. Internationale Erbfälle entstehen auch, wenn begünstigte oder andere beteiligte Personen, wie Erben, Nachlassverwalter oder Testamentsvollstrecker, nicht (ausschließlich) die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Zudem kann das Erbrecht eines anderen Staates betroffen sein, wenn die letztwillige Verfügung im Ausland errichtet oder eine Ehe nicht in Deutschland geschlossen worden ist.
III. Typische Probleme bei internationalen Erbfällen
Liegen solche oder ähnliche Konstellationen vor, können sich verschiedene Probleme ergeben, von denen eine Auswahl nachfolgend aufgezeigt werden soll. Die Auswahl ist nicht abschließend, da je nach Einzelfall eine Vielzahl von Problemen denkbar sind.
1. Anzuwendendes Erbrecht
Das wichtigste zu lösende Problem ist stets, welche Rechtsordnung für den Erbfall überhaupt zur Anwendung gelangt (das sogenannte Erbstatut), also ob die deutsche, eine ausländische oder im Falle einer möglichen Nachlassspaltung sogar beide Rechtsordnungen einschlägig ist bzw. sind. Deutsche Gerichte sowie die Gerichte der EU-Mitgliedstaaten wenden auf Erbfälle ab dem 17.08.2015 grundsätzlich die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) an. Ausnahmen können sich aber weiterhin aufgrund bilateraler Abkommen ergeben. Danach ist für die Bestimmung des anzuwendenden Erbrechts vorrangig auf den letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers abzustellen. Auch kann die Staatsangehörigkeit des Erblassers maßgebend für das anzuwendende Erbrecht sein. Vergleichbare Bestimmungen sind auch in vielen außereuropäischen Rechtsordnungen anzutreffen.
Aus dem anzuwendenden erbrechtlichen Bestimmungen ergibt sich insbesondere die Rechtsstellung der Erben oder das Pflichtteilsrecht. Zudem sehen viele Rechtsordnung einen formellen Akt für die Annahme einer Erbschaft vor, ohne den sich der Übergang des Vermögens auf die Erben nicht vollziehen kann. Das im deutschen Erbrecht geltende Prinzip der Universalsukzession – der unmittelbaren Gesamtrechtsnachfolge in der Sekunde des Ablebens des Erblassers – ist vielen ausländischen Rechtsordnungen fremd.
2. Form der letztwilligen Verfügung
Auch hinsichtlich der Form der letztwilligen Verfügung bzw. des Testaments können sich unter bestimmten Umständen Hürden ergeben, etwa wenn die letztwillige Verfügung im Nicht-EU-Ausland errichtet wurde. Zwar haben sich einige Staaten dem Haager Übereinkommen (übernommen in Art. 27 und 28 EuErbVO) über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht unterworfen, wichtige Staaten wie beispielsweise die USA allerdings nicht. Daher sollte vor Errichten der letztwilligen Verfügung darauf geachtet werden, dass das Testament neben der deutschen Form kumulativ auch die Formvorschriften des ausländischen Staates, in dem Vermögenswerte des Nachlasses sind, erfüllt.
Ist das Testament nach den jeweiligen Bestimmungen eines ausländischen Staates nicht wirksam errichtet worden, greift regelmäßig die jeweilige ausländische gesetzliche Erbfolge. Dies kann sich insbesondere beim Pflichtteilsrecht erheblich von den deutschen Vorschriften unterscheiden.
3. Überschreibung von Immobilien
Das Eigentum an Immobilien wird in nahezu allen Staaten in einem dem deutschen Grundbuch ähnlichen Register erfasst. Das Verfahren zur Umschreibung des Eigentums auf die Erben richtet sich dabei nach den Vorschriften des jeweiligen Staates. Die deutschen Grundbuchämter verlangen einen deutschen Erbschein, ein notarielles Testament samt Niederschrift über die Testamentseröffnung oder das Europäische Nachlasszeugnis. Der deutsche Erbschein kann für ausländische Erben auch beschränkt auf den deutschen Nachlass ausgestellt werden.
Für Immobilienübertragungen aufgrund der Erbfolge innerhalb der EU empfiehlt sich grundsätzlich das europäische Nachlasszeugnis. Sollte sich der Nachlass außerhalb der EU befinden, sollte Kontakt zu einem örtlichen Berater aufgenommen werden, damit hier der formelle Eigentumsübergang gewährleistet ist.
4. Interaktionen mit Banken
Ein Klassisches Problem in Erbfällen ist die Interaktion mit Banken. Denn Banken, die Konten und Depots des Erblassers verwalten, sind ohne Legitimationsnachweise, die regelmäßig im Original oder beglaubigter Kopie vorgelegt werden müssen, extrem zurückhaltend bei der Interaktion mit den Erben oder Testamentsvollstreckern. In rein nationalen Sachverhalten sind post- und transmortale Vollmachten übliche Instrumente, um den Erben zügig Handlungsfähigkeit zu vermitteln oder um die Rechtsmacht des Testamentsvollstreckers zu verstärken.
Im Rahmen internationaler Erbfälle gestaltet sich eine Vollmachtserteilung allerdings weitaus komplizierter. Dies beginnt schon damit, dass die Zulässigkeit von entsprechenden Vollmachten weder im früheren deutschen internationalem Erbrecht noch nach der EuErbVO dem Erbstatut folgt, sondern dem gesondert anzuknüpfenden Vollmachtsstatut unterworfen ist. Dieses bestimmt, ob der Tod des Erblassers (also des Vollmachtgebers) die erteilten Vollmachten erlöschen lässt oder ob für die Zeit nach dem Tod des Erblassers eine zu Lebzeiten erteilte Vollmacht noch Wirkung entfalten darf.
Ist der Nachlass innerhalb der EU verteilt, bietet sich alternativ auch das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ) an, um die Erbenstellung gegenüber Banken im Inland und europäischen Ausland nach-zuweisen. Das Europäische Nachlasszeugnis tritt gleichrangig neben die nationalen Erbnachweise. Es wird in dem Staat beantragt, dessen Erbrecht gilt, kann aber in allen Mitgliedstaaten verwendet werden. Die Gültigkeit des Europäischen Nachlasszeugnisses ist allerdings auf ein halbes Jahr beschränkt.
5. In- und ausländische Erbschaftsteuer
Neben rein erbrechtlichen Fragestellungen und deren praktischer Handhabung ist auch das Thema der steuerlichen Pflichten im Zusammenhang mit einem internationalen Erbfall zu beachten. Die meisten Staaten sehen eine der deutschen Erbschaftsteuer vergleichbare Steuer für Erwerbe von Todes wegen vor. Anknüpfungspunkt für diese beschränkte Erbschaftsbesteuerung ist nicht selten die Belegenheit des Nachlasses bzw. eines Teils des Nachlasses. Mit den wenigstens Staaten hat die Bundesrepublik ein Doppelbesteuerungsabkommen über Erbschaft- und Schenkungsteuer abgeschlossen. Deutschland rechnet aber regelmäßig etwaige ausländische Erbschaftsteuer nach § 21 ErbStG an.
Zudem ist aus der Sicht der deutschen Erben, d.h. solcher Erben, die in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt – ungeachtet der Staatsangehörigkeit – haben, zu beachten, dass auch das ausländische Nachlassvermögen im Rahmen einer etwaigen Erbschaftsteuererklärung anzugeben ist, da auch dieses der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt. Auch sind etwaige Vorerwerbe, typischerweise Schenkungen zur vorweggenommen Erbfolge – von Auslandsvermögen im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung anzugeben.
IV. Unser Tipp
Erbfälle mit internationalem Bezug können Erben vor vielfältige Problematiken stellen. Nicht selten kostet die Bewältigung dieser Probleme Nerven, Zeit und Geld. Flankiert wird dies unter Umständen auch noch von Fragen des nationalen wie ausländischen Erbschaftsteuerrechts. Eine rechtzeitige Nachlassplanung ist daher nicht zu vernachlässigen und kann Unsicherheiten vorbeugen sowie sicherstellen, dass der Wille des Erblassers auch zeitnah zur Umsetzung gelangt. Auch hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen bedarf es einer frühzeitigen Auseinandersetzung und Planung. Hierbei stehen wir Ihnen erb- und steuerrechtlich gerne zur Seite.