I. Einleitung
In dem ersten Beitrag (zu Teil I hier) dieser Reihe haben wir bereits auf die einkommen- und gewerbesteuerlichen Problemfelder der Tätigkeit eines Influencers aufmerksam gemacht. Leider beschränken sich die steuerlichen Pflichten nicht nur auf diese beiden Steuerarten. Spätestens wenn der Influencer damit beginnt, vertragliche Beziehungen mit Werbepartnern einzugehen und hierdurch für seine Tätigkeit entlohnt zu werden, rücken daneben auch umsatzsteuerrechtliche Fragestellungen in den Fokus. Diese beginnen bereits bei der Überlegung, ob überhaupt eine Umsatzsteuerpflicht besteht, da die Voraussetzungen im Vergleich zu einer Einkommensteuerpflicht deutlich schwieriger zu beurteilen sind. Sie münden in der Frage, welche Konsequenzen diese Pflicht anschließend mit sich bringt.
II. Wann beginnt die Umsatzsteuerpflicht?
Zur Auslösung einer Umsatzsteuerpflicht ist zunächst notwendig, dass der Influencer als Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne tätig wird. Das Gesetz definiert den Unternehmer als eine Person, die eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbst ausübt. Nicht notwendig ist daher, dass der Influencer auch die Absicht hat, Gewinne zu erzielen. Gerade bei der Nutzung der sozialen Medien sind die Privat- und die Erwerbssphäre eng miteinander verknüpft. Die Bestimmung, zu welchem Zeitpunkt das Unternehmen beginnt, gestaltet sich daher häufig schwierig und wird deshalb oftmals nur anhand des Einzelfalls entschieden werden können. Die Anmeldung auf einer sozialen Plattform genügt hierfür jedenfalls noch nicht. Ein erstes und wichtiges Anzeichen für die Unternehmereigenschaft liegt hingegen vor, wenn der Influencer beginnt, für seine Tätigkeit auf der Plattform bezahlt zu werden, unabhängig davon, ob die Zahlungen vom Plattformanbieter selbst oder von einem Dritten (z.B. Werbepartner) erbracht werden.
III. Welche Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer?
Ist die Unternehmereigenschaft einmal begründet, unterliegen der Umsatzbesteuerung alle Leistungen, die der Influencer im Rahmen seines Unternehmens erbringt. Bezüglich der Leistungen differenziert das Umsatzsteuergesetz zwischen den Lieferungen und den sonstigen Leistungen. Die Lieferung bezeichnet sich dabei dadurch aus, dass der Unternehmer dem Leistungsempfänger einen Gegenstand – üblicherweise im Rahmen eines Kaufvertrags – verschafft. Alle anderen Leistungen, die keine Lieferung darstellen, sind sonstige Leistungen. Die Abgrenzung spielt insbesondere für die Beantwortung der Frage eine Rolle, gegenüber welchem Staat die Umsatzsteuerpflicht begründet wird.
In erster Linie besteht die Tätigkeit des Influencers in der Werbetätigkeit. Wirbt der Influencer, so erbringt er hiermit sonstige Leistungen an das beworbene Unternehmen. Bei sonstigen Leistungen, die an einen im Ausland ansässigen Kunden erbracht werden – so z.B. bei Werbeleistungen auf einer Plattform wie Youtube oder TikTok – befindet sich der Ort der Leistung grundsätzlich in dem Land, in dem sich der Sitz des Kunden befindet. In diesem Land entsteht auch die Umsatzsteuerpflicht. Liegt der Sitz im europäischen Ausland, gelangt oftmals das sogenannte reverse-charge-Verfahren zur Anwendung.
Dies führt zu einer Umkehrung der Steuerschuldnerschaft, mit der Folge, dass nicht der Influencer, sondern der Leistungsempfänger – hier also das beworbene Unternehmen – die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hat. Das bedeutet auch, dass der Influencer die Umsatzsteuer vom Leistungsempfänger nicht fordern darf. Auf den Rechnungen des Influencers muss in diesen Fällen aber ein Hinweis aufgenommen werden, dass es zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach dem reverse-charge-Verfahren kommt.
IV. Wie berechnet sich die Höhe der Umsatzsteuer?
Die Höhe der zu entrichtenden Umsatzsteuer bemisst sich nach dem Entgelt. Das Entgelt umfasst dabei alles, was der Unternehmer für die erbrachten Leistungen erhält. Das wird in erster Linie eine Bezahlung in Geld sein. Aber auch Sachzuwendungen können umsatzsteuerlich zu berücksichtigendes Entgelt darstellen. Besteht das Entgelt in einer Sachzuwendung, wird von einem Tausch oder einem tauschähnlichen Umsatz gesprochen. Zu den Sachzuwendungen können unter anderem Hotelübernachtungen, Waren oder Eintrittskarten für Veranstaltungen zählen.
Beiträge, die der Leistungsempfänger freiwillig an den Unternehmer zahlt und deren Höhe er selbst bestimmt, gehören hingegen grundsätzlich nicht zum Entgelt. Hierzu zählen beispielsweise Spenden und Trinkgelder. Ob hierzu auch sogenannte „Donations“ zählen, ist noch nicht abschließend geklärt. Unter Donations sind Zahlungen im Rahmen von Live-Streams zu verstehen, die dem Influencer (Streamer) von seinen Zuschauern direkt zugewendet werden, ohne dass dieser hierfür eine gesonderte Leistung erbringt. Aufgrund der Vergleichbarkeit mit Trinkgeldern und Spenden spricht daher Einiges dafür, Donations nicht als Teil des Entgelts anzusehen. Zu einem anderen Ergebnis geplante zuletzt jedoch das FG Düsseldorf (1 K 2812/19 U). Das Gericht ging davon aus, dass auch Donations ein Entgelt für die Leistung des Streamers darstellen. Die zukünftige Entwicklung bleibt daher abzuwarten.
V. Welche Folgen bringt die Umsatzsteuerpflicht mit sich?
Die Umsatzsteuerpflicht begründet die Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen. Die Voranmeldungen sind monatlich oder vierteljährlich an das Finanzamt zu übermitteln. Im Rahmen dessen hat der Unternehmer die von ihm abzuführende Umsatzsteuer selbst zu berechnen und unaufgefordert an das Finanzamt abzuführen. Außerdem sind Rechnung an den jeweiligen Leistungsempfänger auszustellen, die bestimmten Anforderungen entsprechen müssen. Unter anderem ist darauf zu achten, dass die Umsatzsteuer in der Rechnung separat ausgewiesen werden muss. Dies ist außerdem eine notwendige Voraussetzung für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug.
Der Vorsteuerabzug bezeichnet die Möglichkeit des Unternehmers, sich die Umsatzsteuer, die er beim Erwerb verschiedener Eingangsleistungen selbst gezahlt hat (Vorsteuer), vom Finanzamt rückerstatten zu lassen. Dies geschieht in der Regel in der Form, dass die Vorsteuererstattung mit der vom Unternehmer an das Finanzamt zu entrichtenden Umsatzsteuer verrechnet wird. Übersteigt die Vorsteuer die abzuführende Umsatzsteuer, erhält der Unternehmer deshalb eine Erstattung. Voraussetzung des Vorsteuerabzugs ist insbesondere, dass die Vorsteuer für Eingangsleistungen anfällt, die der Förderung des Unternehmers dienen. Der Nachweis hierüber kann gerade bei solchen Eingangsleistungen schwierig sein, die dem Influencer zwangsweise auch privat zugutekommen. Ein Beispiel hierfür stellt die Reise an einen Urlaubsort zum Dreh eines neuen Videos dar, denn der Urlaub kommt dem Influencer immer zugleich auch persönlich zugute.
VI. Kleinunternehmerregelung
Betragen die getätigten Umsätze zuzüglich der darauf anfallenden Umsatzsteuer für das vergangene Jahr nicht mehr als 22.000 Euro und im laufenden Jahr nicht mehr als 50.000 Euro, greift für den Influencer die umsatzsteuerliche Kleinunternehmerregelung. In diesem Fall muss auf die ausgeführten Umsätze keine Umsatzsteuer erhoben werden. Außerdem wird das Stellen von Rechnungen einfacher und die Umsatzsteuer darf darin nicht ausgewiesen werden. Auf die Kleinunternehmerregelung kann jedoch freiwillig verzichtet werden. Die Anwendung der Kleinunternehmerregelung hat nämlich immer zugleich die negative Folge, dass dem Influencer die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs verwehrt bleibt. Der Verzicht lohnt sich für den Influencer insbesondere in den Fällen, in denen ihm im Zusammenhang mit seiner betrieblichen Tätigkeit hohe Ausgaben entstehen, aus denen er Vorsteuer in Abzug bringen kann. Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung kann zudem auch rückwirkend erfolgen. Der Verzicht bindet für fünf Jahre.
VII. Fazit
Die Umsatzbesteuerung von Influencern weist an vielen Stellen Probleme auf. Da in diesem
Zusammenhang bisher so gut wie keine Rechtsprechung existiert, kann sich deren Lösung oftmals als schwierig erweisen. Gerade in Bezug auf die Ausstellung von Rechnungen und die Fragen zum Vorsteuerabzug kann es sich lohnen, sich frühzeitig mit den umsatzsteuerlichen Thematiken auseinanderzusetzen. Da die Tätigkeit der Influencer immer mehr in den Fokus der Finanzbehörden rückt, ist davon auszugehen, dass in naher Zukunft weitere Entscheidungen auf das Urteil des FG Düsseldorf folgen werden. Die steuerrechtliche Beurteilung der Tätigkeit wird daher wohl oder übel einem Wandel unterzogen werden.