Betriebsveranstaltungen sind und waren in der jüngeren Vergangenheit immer wieder Streitpunkt gerichtlicher Auseinandersetzungen. Sie sind ein klassisches Streitthema bei der Betriebsprüfung. Mit Urteil vom 27.01.2022 (Az. 6 K 2175/20) entschied nunmehr das Finanzgericht (FG) Köln über die Voraussetzungen einer Lohnsteuerpauschalierung für Aufwendungen im Zusammenhang mit Betriebsveranstaltungen, die lediglich den Führungskräften offenstanden.
I. Hintergrund: Lohnsteuer auf Teilnahme an Betriebsveranstaltung und Pauschalierung
1. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Die einkommensteuerlichen „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ bestehen für das Gros der Arbeitnehmer in der Regel aus wiederkehrenden Zahlungen, nämlich dem monatlichen Gehalt. Bei Arbeitnehmern wird die Einkommensteuer auf diese Einkünfte über die Lohnsteuer erhoben. Sie wird vom Arbeitgeber bei der Gehaltszahlung einbehalten und an das Finanzamt abgeführt. Zu den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG neben dem monatlichen Gehalt aber auch Zuwendungen im Zusammenhang mit Betriebsveranstaltungen und übrige Sachzuwendungen nach § 8 Abs. 2 EStG. Das Gesetz definiert die Betriebsveranstaltung seit 2015 als Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter.
Eine Betriebsveranstaltung liegt aber nur vor, wenn der Teilnehmerkreis sich überwiegend – d.h. zu mehr als 50 % – aus Betriebsangehörigen, deren Begleitpersonen und gegebenenfalls Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern anderer Unternehmen im Konzernverbund zusammensetzt. Für den Fall, dass die Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht, sieht § 19 Abs. 1 S. 1 Nr.1a S. 3 EStG die Gewährung eines Freibetrags in Höhe von 110 € je Betriebsveranstaltung und je Arbeitnehmer vor, das heißt, die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung unterliegt dann nicht der Lohn- bzw. Einkommensteuer. Dies gilt allerdings nur für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.
2. Pauschalierung der Lohnsteuer
Das Einkommensteuerrecht bietet eine Reihe von Möglichkeiten, die auf das Gehalt des Arbeitnehmers zu entrichtende Lohnsteuer mit einem pauschalierten Steuersatz anzusetzen. Eine solche Möglichkeit besteht etwa bei der Beschäftigung von geringfügig Beschäftigten nach § 40a EStG oder der Gewährung von Zuwendungen zum Aufbau einer nicht kapitalgedeckten betrieblichen Altersvorsorge an eine Pensionskasse nach § 40b EStG. Daneben bietet § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG die Möglichkeit, die Lohnsteuer auf Arbeitslohn, der in der Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung besteht, mit einem Pauschalsteuersatz von 25 % zu erheben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist diese Regelung aber nur anwendbar, wenn die Teilnahme an der Veranstaltung allen Betriebsangehörigen offensteht.
II. FG Köln zur Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen
1. Sachverhalt
Im Jahr 2015 veranstaltete der Vorstand der klagenden Arbeitgeberin (Klägerin) in eigenen Räumlichkeiten eine Weihnachtsfeier, zu der ausschließlich die Mitglieder des Vorstandes eingeladen waren. Neben Getränken und einem mehrgängigen Menü wurde der Raum dekoriert und musikalische Untermalung dargeboten.
Im gleichen Jahr wurde eine weitere Weihnachtsfeier für diejenigen Mitarbeiter der (Tochter)-gesellschaften ausgerichtet, die zum sogenannten oberen Konzernführungkreis gehörten. Dabei handelte es sich um Mitarbeiter, die ein bestimmtes Karrierelevel erreicht hatten, aber nicht um einen eigenständigen Betriebsteil.
Die Klägerin behandelte die im Zusammenhang mit den Weihnachtsfeiern stehenden Zuwendungen als Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen und unterwarf diese demgemäß dem pauschalierten Lohnsteuersatz von 25 % nach § 40 Abs. 2 S. 1 Nr.2 EStG. Im Anschluss einer Lohnsteueraußenprüfung erließ das Finanzamt Nachforderungs- und Haftungsbescheide. Es behandelte die Zuwendungen – anders als die Klägerin – als steuerpflichtigen Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und unterwarf die Vorstandsweihnachtsfeier einem Steuersatz von 81,81 % und die Weihnachtsfeier für den Konzernführungskreis einem Steuersatz von 62 %.
Gegen diese nachträglich erlassenen Steuerbescheide wandte sich die Klägerin mit ihrer Klage. Nach ihrer Auffassung bestehe die Voraussetzung nicht mehr, dass eine Betriebsveranstaltung allen Betriebsangehörigen offenstehen müsse, nachdem die Legaldefinition in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG in 2015 eingeführt worden ist. Gleiches müsse deshalb auch für das Verständnis des in § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG verwendeten Begriffs der Betriebsveranstaltung gelten. Die ständige Rechtsprechung des BFH sei mit der Einführung der Legaldefinition überholt.
2. Urteil
Der Auffassung der Klägerin erteilte das FG Köln eine klare Abfuhr. Es entschied, dass Veranstaltungen, die nicht allen Betriebsangehörigen offenstehen, nicht als Betriebsveranstaltungen im Sinne des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG einzustufen sind und eine Pauschalierung der Lohnsteuer dementsprechend unzulässig sei. Das FG Köln folgte damit einer Entscheidung des FG Münster vom 20.02.2020 (Az. 8 K 32/19).
Das FG Köln gab dem Beklagten insoweit Recht, als dass die Legaldefinition des in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG verwendeten Begriffs der Betriebsveranstaltung das Kriterium des Offenstehens der Veranstaltung für alle Angehörigen des Betriebs nicht enthalte. Dieses sei lediglich Bedingung für die Anwendung des Freibetrags nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 EStG. Zwar seien Begriffe, die in verschiedenen Vorschriften desselben Gesetzes verwendet werden, grundsätzlich einheitlich auszulegen. Eine von einer Legaldefinition abweichende Auslegung komme jedoch in Betracht, wenn der Zweck der Regelung, ihr Zusammenhang mit anderen Vorschriften und/oder die Entstehungsgeschichte eindeutig erkennen lassen, dass der Begriff anders als in der Legaldefinition verstanden werden soll.
Eine solche – von der Legaldefinition in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG abweichende – Auslegung des Begriffs der Betriebsveranstaltung in § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG für Zwecke der Pauschalierung der Lohnsteuer sei nach Ansicht des FG in dem vorliegenden Fall geboten. Der BFH habe seine Auslegung des § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG vor allem mit dem Zweck der Vorschrift begründet. Die Vorschrift bezwecke danach keine Steuervergünstigung, sondern sei darauf angelegt, eine einfache und sachgerechte Besteuerung der Vorteile zu ermöglichen, die bei der teilnehmenden Belegschaft im Ganzen anfielen. Der Durchschnittssteuersatz von 25 % sei sachgerecht, weil auf Grund der „vertikalen Beteiligung“ Arbeitnehmer aller Lohngruppen an der Betriebsveranstaltung teilnähmen. Stehe eine Veranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offen, verfehle die Pauschalbesteuerung mit einem festen Steuersatz von 25 % das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit. Die Rechtsprechung des BFH zu § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EStG finde trotz der Einfügung des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG und insbesondere trotz der Legaldefinition in Satz 1 weiterhin Anwendung.
III. Fazit
Für Arbeitgeber, die den pauschalierten Steuersatz nutzen möchten, empfiehlt es sich, darauf Acht zu geben, dass die durchgeführten Veranstaltungen nicht auf einzelne Angestellte beschränkt werden. Kann die Veranstaltung nicht dem gesamten Betrieb – beispielsweise aus Kapazitätsgründen – zugänglich gemacht werden, besteht die Möglichkeit, die Veranstaltung auf einen festgelegten Betriebsteil zu beschränken.
Gegen das Urteil des FG Köln wurde allerdings von der Klägerin Revision beim BFH (Az. VI R 5/22) eingelegt. Es bleibt daher bis zu dessen Entscheidung abzuwarten, ob der Begriff der Betriebsveranstaltung für Zwecke der Lohnsteuerpauschalierung auch nach dem Inkrafttreten der Regelung des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG das Offenstehen für alle Mitarbeiter voraussetzt.