Mit unseren Specials Nr. 294, 319 und 348 haben wir unseren Lesern bereits in den Jahren 2017, 2019 und 2021 kein Wiegenlied bereitet, sondern sie eher unsanft aus dem Schlaf gerissen. Aber ist das Thema nach der Meldung nicht erledigt? Die Verwaltung hat erst dieses Jahr kurz vor Ablauf der Übergangsfrist für GmbHs erste Eintragungsbeispiele veröffentlicht, was den Themenbereich wieder aktuell macht. Neue Verwaltungsansichten können zu früheren Meldung in Konflikt stehen. Häufig werden in der Praxis Fehler gemacht, wenn man selbst meldet oder die Behörden das Portal anders auslegen, als prognostiziert. Es lohnt sich, noch einmal hinzuschauen:
I. Ausgangslage
Mit Wirkung zum Oktober 2017 wurde das Transparenzregister ins Leben gerufen. Ein Register, welches – wie der Name andeutet – Transparenz schaffen soll zum Zwecke der Aufdeckung von Fällen von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. In dem Register hat man sich dafür entschieden, einfach die Gesellschafter aufzuführen, das gab es bereits im Handelsregister, wenn auch nicht für alle Unternehmen, wie z.B. Aktiengesellschaften und Gesellschaften bürgerlichen Rechts.
Dem Gesetzgeber war bewusst, dass die interessanten Geldflüsse nicht immer einfach die sind, die an Gesellschafter fließen und erheblicher Einfluss auf das Marktgeschehen nicht nur durch die Gesellschafter vorgenommen wird. Manchmal nehmen auch die Leitungsorgane die relevanten Maßnahmen vor, in manchen Konstellationen sind die eigentlichen Drahtzieher aus den bisherigen Registern nicht zu ermitteln. So entstand die Idee anstelle der Gesellschafter eine andere Personengruppe zu beleuchten, die sogenannten wirtschaftlich Berechtigten.
II. Wirtschaftlich Berechtigte
Nur wer ist der wirtschaftlich Berechtigte? Nach nunmehr fast fünf Jahren Transparenzregister festigt sich eine Rechtsdogmatik, wonach es sich dabei
- um Gesellschafter handeln kann,
- aber auch um Leitungsorgane, also Geschäftsführer oder Vorstände,
- um vertretungsberechtigte persönlich haftende Gesellschafter von Personengesellschaften,
- um Treugeber,
- um Treuhänder,
- um Begünstigte aus Stiftungen (wenn im Konzern auch nicht auf jeder Ebene gleich behandelt),
- zwar nicht um stille Gesellschafter,
- aber um Minderheitsgesellschafter unterhalb der Schwelle von 25 %, wenn sie ein umfassendes Vetorecht haben,
- um Minderheitsgesellschafter mit disproportional verteilte Stimmrechten,
- um fiktive wirtschaftlich Berechtigte, die nur deshalb benannt werden, weil die tatsächlichen Gesellschafter trotz dokumentierter Anstrengungen nicht zu ermitteln sind,
- um Personen deren Gesellschafterstellung erst durch die Zusammenrechnung von direkt gehaltenen Anteilen sowie über eine andere Gesellschaft mittelbar gehalten Anteilen erst die Schwelle von 25% übersteigt,
- um Personen, die Poolführer einer Stimmbindungs-, Pool- oder Konsortialvereinbarung und somit vertretungsberechtigt sind,
- um Miterben in ungeteilter Erbengemeinschaft mit geringer Quote,
- sowie auch um Insolvenzverwalter und
- Testamentsvollstrecker in besonderen Konstellationen.
III. Neueste Änderungen
Die letzte Gesetzesänderung des Geldwäschegesetzes hat insbesondere zur Folge, dass es nun nicht mehr ausreicht, dass die Daten bereits zu anderen Registern, insbesondere zum Handelsregister gemeldet worden sind. Jedes Detail muss dem Transparenzregister aktiv und vollständig gemeldet werden. Die Übergangsfrist für GmbHs ist zum 30.06.2022 ausgelaufen. Alle anderen Gesellschaften müssen bis zum 31.12.20222 gemeldet sein. Allerdings gelten die Übergangsfristen nicht für Gesellschaften, die vor der Gesetzesänderung bereits meldepflichtig waren. Die Abgrenzung im Hinblick auf die bisherige Meldepflicht führt immer noch oft zu Irritation sowie zu Anhörungsbögen und Bußgeldverfahren.
Außerdem sind alle Umstände, die dem Transparenzregister gemeldet werden zukünftig aktuell zu halte, d.h. der Meldepflichtige muss alle zukünftigen Änderungen an den relevanten Umständen durch eine erneute und zwar wieder im Hinblick auf alle Personen vollständige Transparenzregisteranmeldung in dem entsprechenden Portal hochladen. Es werden also nicht nur die Veränderungen gemeldet, sondern auch noch mal alle Daten bestätigt. Änderungen gibt es zum Beispiel für folgende Konstellationen:
- Anteile an Unternehmen werden verkauft, vererbt oder eingezogen;
- eine Kapitalerhöhung oder -herabsetzung führt zu einer Erhöhung der Beteiligungsquote;
- Änderung des privaten Wohnortes;
- Änderung des privaten Namens (Namensänderung durch Heirat, zu beachten auch, wenn der "Mädchenname" zusätzlich im Personalausweis steht);
- Es sind fiktive wirtschaftlich Berechtigte gemeldet und es findet ein Wechsel in der Geschäftsführung/Vorstandsebene statt;
- Es wird eine Stimmbindungsvereinbarung getroffen;
- Eine Änderung des Gesellschaftsvertrags bewirkt eine Umstellung der Stimmrechte und/oder
- es wird ein Treuhandverhältnis aufgelöst.
IV. Die richtige Quote
Gesellschaftsrechtler und Mathematiker wissen, rechtlich kann es nie mehr als 100 % der Anteile an einer Gesellschaft geben. Werden Investoren aufgenommen oder werden neue Unternehmensbereiche eröffnet oder wird das Kapital z.B. um 50 % erhöht, bleibt der Umfang der gesamten Unternehmensanteile aber in allen Fällen bei 100 %.
Beim Transparenzregister ist das anders. Das Konzept impliziert, dass in gewissen Konstellationen insgesamt mehr als 100 % wirtschaftliche Berechtigungen gemeldet werden können.
Hält ein mittelbarer Gesellschafter 60 % der Kapitalanteile an der Obergesellschaft, kann er damit 100 % der Kapitalanteile an der Untergesellschaft kontrollieren und ist so zu melden. Hält sein Mitgesellschafter 60 % der Stimmrechte an der Obergesellschaft, kontrolliert er damit gleichzeitig ebenfalls 100 % der Kapitalanteile an der Untergesellschaft. Auch Treugeber und Treuhänder sollen nach der Rechtsansicht der Verwaltung beide gleichzeitig 100 % wirtschaftliche Berechtigung haben können. Die Frage der Sinnhaftigkeit bringt den Praktiker nicht weiter. Hier geht es eher um die Frage, ob die Unternehmer – die im Alltag andere Prioritäten setzen, als sich zu Fachleuten für das Transparenzregister auszubilden – ihre Meldung so vollständig und richtig vorgenommen haben, dass diese später keinen Anstoß findet.
V. Problemfeld Treuhandverhältnis
Die Praxis der Rechtsberatung versteht die Gesetzesänderung im Hinblick auf Treuhandverhältnisse als grundsätzliche Infragestellung eines legitimen Rechtsinstitutes. Vor den letzten Gesetzesänderungen konnte man trefflich darüber streiten, ob der Treugeber dem Transparenzregister zu melden gewesen wäre. Nach der Gesetzesänderung und der ausdrücklich erklärten Ansicht der Verwaltung sind sowohl Treugeber als auch Treuhänder als wirtschaftliche Berechtigte mit ihren jeweiligen Quoten vollständig mit Geburtsdatum, Namen und Wohnort zu melden, beide sollen gleichzeitig die volle Quote an dem jeweiligen Unternehmen (z.B. 2 x 100 %) als wirtschaftlich Berechtigte halten. In der Praxis sind Treuverhältnisse gegenüber der Finanzverwaltung nicht geheim, dieser liegen regelmäßig vollständige Vertragswerke vor, was allein schon für die zutreffende Besteuerung erforderlich ist.
Die Rechtslehre moniert aber, dass es gute und vor allem rechtmäßige Motive für die Existenz von Treuhandverhältnissen gibt, die aber regelmäßig hinfällig werden, wenn man sie deutschlandweit und mithin faktisch weltweit veröffentlicht. Manche Unternehmer wollen ihre Unternehmensstruktur der Konkurrenz aus durchaus legitimen Gründen nicht offenlegen. Eben das setzt der Staat derzeit aber – notfalls mit Bußgeldern – durch. Das Thema kann in seiner Brisanz und Tragweite derzeit nicht vollständig abgehandelt werden. Die Rechtsentwicklung dürfte aber spannend bleiben.
VI. Praktische Umsetzung
Während das Transparenzregister bereits seit Oktober 2017 besteht, hatte der Unternehmer das Problem, dass er das theoretisch erlernte Wissen auch in die Online-Eingabemaske des beim Bundesanzeiger geführten Transparenzregisters eintragen musste. Dies stellte sich als große Herausforderung dar, zum Beispiel, weil die Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten durch Verwaltung und Rechtslehre regelmäßig anhand der Kriterien des § 3 GWG erfolgte, bei der Eintragung aber zwingend eine Referenz zu § 19 GWG angegeben werden muss. Wer den Unterschied nicht durchschaut, begibt sich schnell in gefährliche Gewässer.
Ist der vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personengesellschaft mit seinen Kapitalanteilen zu melden, oder seinen Stimmrechten, oder hat er vielleicht Kontrolle auf sonstige Weise aufgrund seiner Vertretungsbefugnisse? Hat ein Gesellschafter 60 % Kapitalanteile und 40 % Stimmrechte, muss er die höhere Quote nennen oder vielleicht beide? Und ist das Konzept tatsächlich noch "transparent"?
Das Bundesverwaltungsamt hat Ende Mai 2022 zum ersten Mal Eintragungsbeispiele veröffentlicht, mithin einzelne Hinweise darauf, wie das theoretische wissen in die Eingabemaske des Transparenzregisters einzutragen ist. Der Rechtsanwender tätigt allerdings bereits seit 5 Jahren auf eigenes Risiko Eintragungen! Gleichzeitig hat sich die Eingabemaske über die Jahre wiederholt geändert, so dass Alteintragungen auf anderer Grundlage erfolgten. Wie ist mit den Alteintragungen umzugehen, die vor Änderung der Eingabemaske (ordnungsgemäß!) getätigt worden sind, jetzt aber nicht mehr passen? Was gilt, wenn die Behörden ihre Rechtsansicht ändern, wird eine früher getätigte ordnungsgemäße Meldung damit nachträglich rechtswidrig? An der Front der praktischen Umsetzung ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Die Rechtslehre wird sich weiter entwickeln, ebenso das Eingabeportal und auch die Verwaltungspraxis. Ein Punkt bleibt jedenfalls gleich: Der Rechtsanwender (wir nennen ihn weiterhin Unternehmer) trägt das Risiko einer fehlerhaften Eintragung selbst.
VII. Unser Tipp
Das Thema Transparenzregister wird heute und auch zukünftig weiterhin heiß gehandelt werden. Wir empfehlen jedem Unternehmer, Mühe aufzuwenden, um die Sachlage vollständig zu durchdringen und jedes Detail präzise und ordnungsgemäß zu melden.
Sie sind sich hundertprozentig sicher, dass alle Details zu Ihren Unternehmensbeteiligungen richtig dargestellt und vollständig gemeldet sind? Dann ist der Fall bis auf Weiteres erledigt! Sie sind sich nur fast hundertprozentig sicher, dass alle Details zu Ihren Unternehmensbeteiligungen richtig dargestellt und vollständig gemeldet sind? Lassen Sie lieber nochmal einen Fachmann drüber schauen. Das ist nicht viel Aufwand, erspart Ihnen aber möglicherweise unangenehme Post.