I. Ausgangslage
Liegt eine Wohnung in einem durch Rechtsverordnung bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, so darf die Miete nach § 556d Abs. 1 BGB zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um 10 % übersteigen. Ist die Miete, die der vorige Mieter zuletzt schuldete (Vormiete), höher als die nach § 556d Abs. 1 zulässige Miete (also höher als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete), so darf eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden (§ 556e Abs. 1 BGB).
Bei der Ermittlung der Vormiete unberücksichtigt bleiben Mietminderungen sowie solche Mieterhöhungen, die mit dem vorherigen Mieter innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Mietverhältnisses vereinbart worden sind. Hat der Vermieter in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, so darf die zulässige Miete um den Betrag überschritten werden, der sich bei einer Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1 bis 3a und § 559a Abs. 1 bis 4 ergäbe.
Nach § 556f BGB ist § 556d nicht anzuwenden auf eine Wohnung, die nach dem 01.10.2014 erstmals genutzt und vermietet wird. Ferner sind die §§ 556d und 556e nicht anzuwenden auf die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung.
Nach § 556g Abs. 1a BGB ist der Vermieter verpflichtet, soweit die Zulässigkeit der Miete auf § 556e (höhere Vormiete bzw. Modernisierungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses) oder § 556f (erstmalige Vermietung nach dem 01.10.2014 bzw. erste Vermietung nach umfassender Modernisierung), dem Mieter vor dessen Abgabe der Vertragserklärung über Folgendes unaufgefordert Auskunft in Textform zu erteilen:
1. darüber, wie hoch die Vormiete war,
2. darüber, dass in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt wurden,
3. darüber, dass die Wohnung nach dem 01.10.2014 erstmals genutzt und vermietet wurde,
4. darüber, dass es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung handelt
Soweit der Vermieter die Auskunft nicht erteilt hat, kann er sich nicht auf eine nach § 556e oder § 556f zulässige Miete berufen. Hat der Vermieter die Auskunft nicht erteilt und hat er diese in der vorgeschriebenen Form nachgeholt, kann er sich erst zwei Jahre nach Nachholung auf eine nach § 556e oder § 556f zulässige Miete berufen. Hat der Vermieter die Auskunft nur nicht in der vorgeschriebenen Form (Textform) erteilt, kann er sich auf eine nach § 556e oder § 556f zulässige Miete erst dann berufen, wenn er die Auskunft in der vorgeschriebenen Form nachgeholt hat.
Nach § 556g Abs. 1 Satz 3 BGB hat der Vermieter dem Mieter die zu viel gezahlte Miete nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben.
Der Mieter kann von dem Vermieter eine nach den §§ 556d und 556e nicht geschuldete Miete nur zurückverlangen, wenn er einen Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 556d ff. BGB gerügt hat. Rügt der Mieter den Verstoß mehr als 30 Monate nach Beginn des Mietverhältnisses oder war das Mietverhältnis bei Zugang der Rüge bereits beendet, kann er nur die nach Zugang der Rüge fällig gewordene Miete zurückverlangen (§ 556g Abs. 2 BGB).
Nach § 556g Abs. 3 BGB ist der Vermieter auf Verlangen des Mieters verpflichtet, Auskunft über diejenigen Tatsachen zu erteilen, die für die Zulässigkeit der vereinbarten Miete nach den Vor-schriften der §§ 556d ff. BGB maßgeblich sind, soweit diese Tatsachen nicht allgemein zugänglich sind und der Vermieter unschwer Auskunft geben kann.
II. Urteile des Bundesgerichtshofs vom 12.07.2023
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteilen vom 12.07.2023 über die Frage entschieden, ob und gegebenenfalls ab welchem Zeitpunkt der Auskunftsanspruch des Mieters gegen den Vermieter nach den Vorschriften zur sogenannten Mietpreisbremse (§ 556g Abs. 3 BGB) verjährt. In allen vier Verfahren hat eine in das Rechtsdienstleistungsregister eingetragene GmbH aus abgetretenem Recht Ansprüche von Mietern wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) gegen die beklagten Vermieter geltend gemacht.
Während in drei Verfahren Kammern des Landgerichts Berlin entschieden hatten, dass der Auskunftsanspruch des Mieters als Hilfsanspruch nicht vor dem Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete als Hauptanspruch verjähren könne, hatte eine andere Kammer des Landgerichts Berlin entschieden, dass für den Auskunftsanspruch die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß §§ 195, 199 BGB gelte, die bereits mit dem Abschluss des Mietvertrages zu laufen beginne.
Der BGH hat nunmehr zwar entschieden, dass der Auskunftsanspruch selbstständig und unabhängig von dem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung überzahlter Miete innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren verjährt (also auch vor dem Rückzahlungsanspruch korrigieren kann). Die dreijährige Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch beginnt jedoch erst mit dem Auskunftsverlangen des Mieters. Der BGH hat dies damit begründet, dass der Mieter nicht erst durch Auskunft in die Lage versetzt wird, seinen Rückzahlungsanspruch zu verfolgen. Der Mieter hat in einem Rückforderungsprozess neben einer ordnungsgemäßen Rüge lediglich das Überschreiten der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als 10 % darzulegen und zu beweisen. Hierfür benötigt er die Auskunft des Vermieters, welche nur die nicht allgemein zugänglichen preisbildenden Faktoren, vor allem aber die vom Ver-mieter in einem Rückzahlungsprozess darzulegenden und zu beweisenden, eine höhere Miete erlaubenden Ausnahmetatbestände der §§ 546e, 556f BGB umfasst, in der Regel nicht.
III. Unser Tipp
Das Wohnungsmietrecht wurde in den letzten Jahren immer komplizierter. Besonders in Gebieten, wo die Mietpreisbremse gilt, besteht bei Abschluss eines Mietvertrages die große Gefahr, dass eine zu hohe Miete vereinbart wird oder zwar eine den Vorschriften der §§ 556d ff. BGB entsprechende Miete vereinbart wurde, aber vergessen wurde, vor Vertragsabschluss unaufgefordert in Textform Auskunft über die Vormiete oder Modernisierungsmaßnahmen in den letzten drei Jahren vor Beginn des Mietverhältnisses oder eine erstmalige Vermietung nach dem 01.10.2014 oder eine erste Vermietung nach umfassender Modernisierung Auskunft zu erteilen. Der Mieter kann dann noch nach Jahren zu viel gezahlte Miete zurückfordern. Wenn Sie dies vermeiden wollen, lassen Sie sich vor Abschluss eines Wohnungsmietvertrages über eine Wohnung in einem Gebiet, wo die Mietpreisbremse gilt, von uns beraten.