In unserer PNHR-Aktuell Ausgabe 05/2021
haben wir Sie mit unserem Special Nr. 342
darüber informiert, wie Sie mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage nicht nur nachhaltig Strom erzeugen, sondern auch steuerliche Vorteile nutzen können.
Wird der mittels einer Photovoltaikanlage erzeugte Strom (teilweise) in das öffentliche Stromnetz eingespeist, führt dies grundsätzlich zu Einkünften aus Gewerbebetrieb mit der Folge, dass der Steuerpflichtige für die Dauer der Nutzung jährlich eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) erstellen und die gewerblichen Einkünfte in seiner Einkommensteuererklärung ansetzen muss. Für viele Steuerpflichtige, die insbesondere nur kleinere Anlagen betreiben, stellt dies einen nicht unerheblichen Bürokratieaufwand dar. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat daher mit Schreiben vom 02.06.2021 eine Vereinfachungsregelung geschaffen, nach der bei kleinen Photovoltaikanlagen bzw. gleichwertigen Blockheizkraftwerken (BHKW) auf Antrag
und ohne weitere Nachweise davon ausgegangen wird, dass diese ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden.
Dies bedeutet für die Betreiber, dass sie in diesen Fällen keine steuerliche Gewinnermittlung vorzunehmen und somit keine EÜR zu erstellen haben und das Betreiben der Anlagen damit keine ertragsteuerliche Relevanz hat. Weiterhin stellt die Photovoltaikanlage oder das BHKW dann kein Betriebsvermögen dar, so dass bei einem späteren Verkauf der Anlage oder bei einer Aufgabe der Tätigkeit keine stillen Reserven aufgedeckt werden und zeitlich auch kein Aufgabegewinn entsteht.
Nachdem das BMF-Schreiben in der Praxis grundsätzlich positiv aufgenommen wurde, hat sich jedoch in der Anwendung gezeigt, dass eine Reihe von Detailfragen in diesem Schreiben leider nicht geklärt waren. Das BMF hat daher die Regelungen mit Schreiben vom 29.10.2021 nochmals insgesamt überarbeitet und neugefasst.
Im Folgenden wollen wir Ihnen einen Überblick darüber geben, in welchen Fällen die Vereinfachungsregelung greift.
II. Die Vereinfachungsregelung im Einzelnen
a) Leistungsgrenze der Photovoltaikanlagen und vergleichbarer BHKW
Begünstigt sind kleinere Photovoltaikanlagen bzw. BHKW mit einer installierten Gesamtleistung von insgesamt bis zu 10,0 kW/kWp (maßgeblich ist die installierte Leistung i. S. d. § 3 Nummer 31 EEG 2021) und/oder ein oder mehrere BHKW mit einer installierten elektrischen Gesamtleistung von insgesamt bis zu 2,5 kW. Hierbei bilden alle Photovoltaikanlagen/BHKW, die von einer antragstellenden Person betrieben werden, einen einzigen Betrieb, so dass die jeweiligen Leistungen für die Ermittlung der 10,0 kW/kWp-Grenze zu addieren sind. Das gilt sowohl für Anlagen, die sich auf demselben Grundstück befinden als auch für Anlagen auf verschiedenen Grundstücken. Darüber hinaus kommt es nicht darauf an, ob die Anlagen technisch voneinander getrennt sind. Begünstigter Betreiber dieser Anlagen kann eine einzelne Person oder aber auch eine Mitunternehmerschaft sein.
b) Zeitpunkt der Inbetriebnahme
Eine Photovoltaikanlage bzw. ein BHKW ist begünstigt, wenn sie/es nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen wurde. Sog. ausgeförderte Anlagen, die vor dem 1. Januar 2004 in Betrieb genommen wurden und die nach dem Auslaufen der Förderung in die Einspeisevergütung i. S. d. § 21 Absatz 1 Nummer 3 EEG 2021 eintreten, können frühestens nach 20 Jahren Betriebsdauer zur Liebhaberei übergehen.
c) Begünstigte Verwendung des erzeugten Stroms
Der von der Photovoltaikanlage/dem BHKW erzeugte Strom darf neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz nur in den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht werden. Die unentgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken steht dabei der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken gleich. Der Verbrauch des erzeugten Stroms in einem häuslichen Arbeitszimmer ist unschädlich. Der (teilweise) Verbrauch des durch die Photovoltaikanlage/das BHKW erzeugten Stroms durch einen Mieter oder zu anderweitigen eigenen oder fremden betrieblichen Zwecken muss technisch ausgeschlossen sein. Dies gilt nicht, wenn die Mieteinnahmen 520 Euro im Veranlagungszeitraum nicht überschreiten.
Wird die Photovoltaikanlage/das BHKW von einer Mitunternehmerschaft betrieben, reicht es aus, wenn der erzeugte Strom in das öffentliche Stromnetz eingespeist und daneben von mindestens einem Mitunternehmer privat zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Hierdurch wird sichergestellt, dass z.B. die Trennung von Ehegatten mit einer gemeinsamen Photovoltaikanlage/BHKW nicht zum Wegfall der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel führt.
III. Antragstellung
Der Antrag ist beim örtlich zuständigen Finanzamt formlos zu stellen und wirkt in allen noch offenen Veranlagungszeiträumen und auch für die Folgejahre. Veranlagte Gewinne und Verluste aus zurückliegenden Veranlagungszeiträumen, die verfahrensrechtlich noch geändert werden können (die Bescheide stehen noch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder sind hinsichtlich der gewerblichen Einkünfte vorläufig ergangen), sind dann nicht mehr zu berücksichtigen.
Bei Neuanlagen (Inbetriebnahme nach dem 31.12.2021) ist der Antrag bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraums zu stellen, der auf das Jahr der Inbetriebnahme folgt.
Bei Altanlagen (Inbetriebnahme vor dem 31.12.2021) ist der Antrag bis zum 31.12.2022 zu stellen.
IV. Besonderheiten bei einer Mitunternehmerschaft
Sollte die Photovoltaikanlage nicht von einem Steuerpflichtigen allein, sondern im Rahmen einer Mitunternehmerschaft betrieben werden, sind die vorstehenden Grundsätze analog anzuwenden.
V. Auswirkungen auf § 7g EStG
Sollte der Steuerpflichtige bzw. die Mitunternehmerschaft vor Anschaffung der Anlage einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG gebildet haben und ist der für das Veranlagungsjahr der Bildung ergangene Steuerbescheid noch änderbar, so wird der Steuerbescheid geändert und die Steuerersparnis aufgrund der Bildung des Investitionsabzugsbetrags ist zurückzuzahlen.
VI. Auswirkungen auf die Umsatzsteuer
Die Inanspruchnahme der Vereinfachungsregel führt nicht automatisch zur Versagung des Vorsteuerabzugs und somit zur Anwendung der Kleinunternehmerregelung.
VII. Nachweis der Gewinnerzielungsabsicht
Die Anwendung der Vereinfachungsregel ist als Wahlrecht ausgestaltet. Sollte der Steuerpflichtige bzw. die Mitunternehmerschaft jedoch bei neueren Anlagen von diesem Wahlrecht keinen Gebrauch machen, so wird die Finanzverwaltung verstärkt das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht überprüfen. Der Steuerpflichtige wird daher i.d.R. nachweisen müssen, dass trotz der geringen Einspeisevergütungen eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist.
VIII. Fazit
Mit dem BMF-Schreiben vom 29.10.2021 wurde hinsichtlich der ertragsteuerlichen Betrachtungsweise kleiner Photovoltaikanlagen und BHKW klargestellt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit der Begriff der Liebhaberei für einen Steuerpflichtigen vorliegt bzw. gewählt werden kann. Dadurch wird die Erstellung der persönlichen Einkommensteuererklärung erheblich vereinfacht. Zudem werden bei einer Veräußerung einer Anlage keine stillen Reserven aufgedeckt. Sollte aber weiterhin eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegen, kann diese unabhängig von den Regelungen des BMF-Schreibens mit allen Vor- und Nachteilen nachgewiesen werden.
Hervorzuheben ist, dass das Wahlrecht nur für den Bereich der persönlichen Einkommensteuererklärung gilt. Hinsichtlich der Umsatzsteuer bleibt der Steuerpflichtige Unternehmer, auch bei einer Zuordnung zur Liebhaberei. Hier könnte jedoch die Kleinunternehmerregelung Anwendung finden.
Bei der Entscheidung, ob ein Antrag auf Anwendung der Vereinfachungsregel in Ihrem Fall Sinn macht, sind wir Ihnen gerne behilflich.