In Deutschland sind zahlreiche mittelständische Unternehmen in der Rechtsform einer Personengesellschaft organisiert. Die Gründe ergeben sich etwa aus Vorteilen für die Unternehmensnachfolge, Publizitätspflichten oder Mitbestimmungsrechten.
Die in Deutschland übliche transparente Besteuerung von Personengesellschaften führt dabei zu einer Besteuerung von Unternehmensgewinnen auf der Ebene des Gesellschafters. Ist der Gesellschafter eine natürliche Person, kann es zu einer Einkommensbelastung von bis zu 45 % zzgl. Solidaritätszuschlag und evtl. Kirchensteuer kommen. In den Fällen, in denen darüber hinaus auch die Gewerbesteuer nicht vollständig auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann, verbleibt eine zusätzliche Belastung. Summiert kann sich dadurch eine Steuerlast von über 50 % ergeben.
Die 50 %ige Steuerbelastung fällt grundsätzlich auch dann an, wenn die Gewinne nicht entnommen und thesauriert werden. Im Vergleich hierzu würden thesaurierte Gewinne bei einer Kapitalgesellschaft nur mit ca. 30 % einer Besteuerung unterliegen. Weitere Besonderheiten, wie etwa das Konzept des Sonderbetriebsvermögens, können ebenfalls zu Unterschieden zwischen Personengesellschaften auf der einen Seite und Kapitalgesellschaften auf der anderen Seite führen und das Ziel, eine Besteuerungsneutralität zwischen den verschiedenen Rechtsformen zu erreichen, konterkarieren.
Die bestehenden Abweichungen führten zu einem Überlegungsprozess des Gesetzgebers, der am 24.03.2021 in einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) endete. Nach dem Beschluss des Bundestages und der Verabschiedung durch den Bundesrat am 25.06.2021 trat das Gesetz mit der Verkündung vom 30.06.2021 im Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 37 zum 01.01.2022 in Kraft.
Zentraler Baustein des KöMoG ist der neue § 1a KStG. Mit ihm wird ein Optionsmodell zur Körperschaftsteuer für bestimmte Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften eingeführt. Die vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfassten Gesellschaften können sich danach auf unwiderruflichen Antrag für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen wie eine Kapitalgesellschaft behandeln lassen (§ 1a Abs. 1 KStG).
Die Wirkungen der Option nach § 1a Abs. 1 KStG sind grundsätzlich auf die Ertragsteuern begrenzt. Für andere Steuerarten ergeben sich keine Auswirkungen. Anzumerken ist darüber hinaus, dass die gesellschaftsrechtlichen Regelungen durch die Option unberührt bleiben, d.h. die persönliche Haftung der Gesellschafter der Personengesellschaft bleibt weiterhin bestehen.
III. Anwendung und Antrag
1. Persönlicher Anwendungsbereich
Die Optionsmöglichkeit zur Körperschaftsbesteuerung können grundsätzlich Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften in Anspruch nehmen. Somit kommen neben der oHG, die KG – insbesondere in ihrer kapitalistischen Ausgestaltung als GmbH & Co. KG – sowie die PartmbB in Betracht. Für andere Personengesellschaften, wie etwa die GbR, sowie Einzelunternehmer und Investmentfonds i.S.d. InvStG ist eine solche Option nicht möglich. Nicht antragsberechtigt sind auch die atypische stille Gesellschaft.
2. Ausländische Personengesellschaften
Auch ausländische Personengesellschaften können grundsätzlich die Option in Anspruch nehmen. Jedoch müssen diese mit den antragsberechtigten inländischen Gesellschaften vergleichbar sein. Hier kommt der sog. Rechtstypenvergleich zur Anwendung, wonach eine ausländische Personengesellschaft einer inländischen Gesellschaft entspricht, wenn sie ihrer Organisation und Struktur nach unter Berücksichtigung der einschlägigen ausländischen gesetzlichen Bestimmungen und deren konkreten Ausformungen in ihrem Gesellschaftsvertrag rechtlich und wirtschaftlich als inländische Personenhandelsgesellschaft einzuordnen ist. Daneben müssen die Gesellschaften in ihrem Ansässigkeitsstaat ebenfalls einer der deutschen unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht vergleichbaren Steuerpflicht unterliegen.
3. Form der Option
Der unwiderrufliche Antrag auf Option muss bei dem für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zuständigen Finanzamt gestellt werden. Der Antrag ist spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres, für das die Option beantragt wird, elektronisch einzureichen. Eine steuerliche Rückbeziehung des Zeitpunktes bspw. Stellung des Antrags im Oktober 2022 mit Wirkung für den 01.01.2022 ist nicht vorgesehen.
4. Beschlussmehrheiten der Gesellschafter
Die Folgen der Option haben Auswirkung auf alle Gesellschafter. Aus diesem Grund ist mindestens eine Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen notwendig, soweit der Gesellschaftsvertrag einen Mehrheitsentscheid der Gesellschafter vorsieht. Diese Stimmmehrheiten i.S.d. § 217 UmwG müssen bereits im Zeitpunkt des Antrages vorliegen. Haben nicht alle Gesellschafter rechtzeitig zugestimmt, ist eine Heilung durch nachträgliche Zustimmung der übrigen Gesellschafter nicht mehr möglich.
IV. Folgen der Option
Durch die Ausübung der Option soll die Personenhandelsgesellschaft ebenso wie eine Kapitalgesellschaft nur mit 15 % Körperschaftsteuer besteuert werden. Wichtig ist es, die weiteren Konsequenzen einer solchen Optierung zu betrachten:
1. Folgen auf Ebene der Gesellschaft
Nach § 1a KStG wird die optierte Gesellschaft ab Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres nicht mehr transparent besteuert. Vielmehr werden ihre Einkünfte unmittelbar auf Ebene der Gesellschaft der Körperschaftsteuer und dem Solidaritätszuschlag unterworfen. Die Gesellschaft wird also für Zwecke der Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Anteilseigner wie die Anteilseigner einer solchen behandelt.
Der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung gilt als fiktiver Formwechsel zum Ende des Wirtschaftsjahres, das dem Wirtschaftsjahr der erstmaligen Anwendung der Option vorausgeht. Ein Formwechsel führt grundsätzlich zur Aufdeckung vorhandener stiller Reserven. Es besteht allerdings die Möglichkeit, eine Aufdeckung der stillen Reserven zu verhindern. Denn unter steuerlichen Gesichtspunkten stellt die Option die Einbringung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft nach § 20 ff. UmwStG dar. Nach § 20 Abs. 2 UmwStG besteht daher die Möglichkeit, den Formwechsel steuerneutral zu gestalten.
Wird die Steuerneutralität angestrebt, ist allerdings u.a. zu beachten, dass dies einen gesonderten Antrag auf Ansatz des Buchwerts bedarf, der neben dem Antrag nach § 1a Abs. 1 KStG zu stellen ist. Das Bewertungswahlrecht nach § 20 Abs. 2 UmwStG kann dabei für jeden (eingebrachten) Mitunternehmeranteil gesondert ausgeübt werden.
Ebenfalls kommt es durch einen Formwechsel zum Untergang vortragsfähiger Gewerbesteuerverluste. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kommt es außerdem zum Untergang vortragsfähiger verrechenbarer Verluste i. S. v. § 15a Abs. 2 EStG. Die zivilrechtlich weiterhin als Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft fortbestehende Gesellschaft hat kein Nennkapital i.S.d § 27 Abs. 1 S. 1 KStG. Dementsprechend wird das in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital insgesamt auf dem steuerlichen Einlagekonto erfasst.
2. Regelungen für die Ebene der Gesellschafter
Gemäß § 1a Abs. 3 KStG würden die dort aufgeführten Einnahmen ohne Ausübung der Option zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) gehören. Als Konsequenz aus der Option nach § 1a KStG stellen Erträge aus dem Gesellschaftsverhältnis aber Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) dar. Dies zieht wiederum die Pflicht zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer nach sich, wenn Gewinnanteile ausgeschüttet werden. In diesem Zusammenhang gelten Gewinnanteile dann als ausgeschüttet, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann.
Dieser Folge muss Beachtung geschenkt werden. Denn in den Fällen, in denen die Gesellschafter mit der Feststellung des Jahresabschlusses von der Gesellschaft eine Auszahlung der Gewinne verlangen können, gelten die Gewinnanteile in diesem Zeitpunkt als ausgeschüttet. Ob eine Entnahme oder Auszahlung dann tatsächlich erfolgt, ist unbeachtlich. Die Ausschüttungsfiktion greift dagegen nicht, wenn es für die Entnahme oder Auszahlung noch eines gesonderten Beschlusses bedarf.
Weiterhin endet durch die Option das Regime des „Sonderbetriebsvermögens” und der „Sonderbetriebseinnahmen”. Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter werden nun nach den für die Kapitalgesellschaft geltenden Grundsätzen behandelt. Ist bspw. ein Gesellschafter zugleich geschäftsführend für die Gesellschaft tätig und bezieht er hierfür ein Gehalt, erzielt er insoweit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG. Der Einbehalt von Lohnsteuer wird notwendig. Aus schuldrechtlichen Geschäftsbeziehungen kann ein Gesellschafter zudem Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG) oder aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) erzielen. Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens, die zu den funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, müssen zudem bspw. in die optierende Gesellschaft eingebracht werden, wenn der Wechsel des Besteuerungsregimes steuerneutral nach § 20 UmwStG erfolgen soll.
Falls schuldrechtliche Verträge zwischen Gesellschafter und optierender Gesellschaft nicht zu fremdüblichen Konditionen abgeschlossen wurden, drohen die Konsequenzen verdeckter Gewinnausschüttungen bzw. verdeckter Einlagen.
Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an der optierenden Gesellschaft gehören bei natürlichen Personen bei mind. 1 % Beteiligungsquote zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 17 EStG). Liegt die Beteiligungsquote unter 1 % zählen sie zu den Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Veräußerungsgewinne von Anteilen an optierenden Gesellschaften unterliegen wie Gewinnausschüttungen der Steuerfreistellung des § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b KStG (bzw. der Abgeltungssteuer § 32d EStG).
V. Rückoption
1. Voraussetzungen
Die neuen gesetzlichen Regelungen sehen die Möglichkeit einer Rückkehr zur transparenten Besteuerung vor. Der Antrag ist einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen, ab dem die optierende Gesellschaft wieder wie eine Personengesellschaft besteuert werden möchte. Die Rückoption gilt als fiktiver Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft. Die Neuregelung sieht keine Sperrfrist für die Rückoption vor, so dass theoretisch bereits nach einem Jahr der intransparenten Besteuerung unmittelbar wieder zur transparenten Besteuerung zurückgewechselt werden könnte. Der Antrag ist bei dem für die Körperschaftbesteuerung zuständigen Finanzamt zu stellen.
Gem. § 1a Abs. 4 S. 4 KStG wird eine Rückoption auch ohne einen entsprechenden Antrag ausgelöst, wenn die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1 KStG entfallen. Beispiele hierfür sind die Umwandlung einer Personenhandelsgesellschaft in eine GbR oder der Wegfall der Körperschaftsteuerpflicht im Geschäftsleitungsstaat.
Auf den Formwechsel finden grundsätzlich die Vorschriften der §§ 9 i.V.m. 3 – 8 UmwStG Anwendung. Verfügt die optierende Gesellschaft zum Zeitpunkt der Rückoption über thesaurierte Gewinne, gelten diese nach § 7 UmwStG spätestens im Zeitpunkt der Rückkehr zur transparenten Besteuerung daher als ausgeschüttet. Entgegen einem „klassischen“ Formwechsel ist in den Fällen des § 1a KStG allerdings eine Rückbeziehung der Umwandlung – z.B. auf den 01.01. eines Jahres – nicht möglich (§ 1a Abs. 4 Satz 2 KStG i.V.m. § 9 Satz 3 UmwStG).
2. Sperrfristen
Zwar ist mit der Rückoption grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, die Optierung und die folgende Rückoptierung öfters anzuwenden. Jedoch ist ein solches „Hin und Her” nicht als sinnvoll zu betrachten und unterliegt gewissen Hemmungen. Eine Hemmung folgt unter anderem aus möglicherweise noch laufenden Sperrfristen des § 22 UmwStG, die bei der Option nach § 1a Abs. 1 KStG und Bewertung unterhalb des gemeinen Wertes ausgelöst werden. Nach Ansicht der Finanzverwaltung wird insbesondere in dem heterogenen Formwechsel eine schädliche Veräußerung i.S.d. Sperrfrist des § 22 UmwStG vorliegen.
VI. Fazit und Ausblick
Grundsätzlich handelt es sich bei der Einführung der Option um einen richtigen Schritt, um die fehlende Rechtsformneutralität in Deutschland zu mindern bzw. zu eliminieren. Ob das eingeführte Optionsmodell jedoch zu einer wirklich grundlegenden Verbesserung führen kann, wird sich wohl erst mit der Zeit und nach der praktischen Ausübung beurteilen lassen. Der Gesetzgeber geht jedenfalls davon aus, dass tendenziell eher die größeren Gesellschaften einen Wechsel vornehmen werden. Es wird aber auch hier – wie so oft – auf den Einzelfall ankommen, so dass pauschale Aussagen über das Für und Wider der Option nicht getroffen werden können. Am 10.11.2021 hat das BMF zudem ein BMF-Schreiben zur Option zur Körperschaftsbesteuerung veröffentlicht. Das Schreiben nimmt zu einer Reihe von Auslegungsfragen Stellung und ist somit in die Gestaltungsüberlegungen miteinzubeziehen.
Des Weiteren sollte bezüglich der GbR die Einführung der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) beachtet werden. Im Rahmen dieser Reform, die im Wesentlichen ab dem 01.01.2024 Anwendung findet, wird der GbR zukünftig der Zugang zum UmwG und folglich zum UmwStG eröffnet. Somit kommt grundsätzlich auch die GbR in Form der eGbR als optierende Personengesellschaft in Betracht. Im KöMoG wurde allerdings das MoPeG noch nicht berücksichtigt, wodurch die GbR erstmal nicht antragsberechtigt ist. Es bleibt nun abzuwarten, ob künftig entsprechende Anpassungen bezüglich der eGbR im Rahmen des Optionsmodells vorgenommen werden.