Bei der Vielzahl von steuerlichen Pflichten kann nur mit erheblichen Aufwand der Überblick bewahrt und diesen Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen werden. Hat man dann noch ein Sonderamt inne, etwa Vereinsvorstand oder Geschäftsführer einer kleinen vermögensverwaltenden GbR, ist das steuerliche Pflichtenchaos schnell komplett. Oftmals fallen Fehler oder Versäumnisse erst im Nachhinein, wenn die Abgabefrist schon abgelaufen oder die Erklärung im Eiltempo erstellt und abgegeben worden ist, auf. Nicht immer reagieren die Finanzbehörden bei Fehlern nachsichtig. Um die Einleitung eines Strafverfahrens zu vermeiden, kann in manchem Fall eine Selbstanzeige geboten sein.
I. Wichtige Straftatbestände im Steuerstrafrecht
Das Steuerstrafrecht kennt eine Reihe von möglichen Delikten. Zu denken ist etwa an die Steuerhehlerei oder an den bandenmäßigen Schmuggel. Für die Steuerpflichtigen dürften allerdings die Steuerhinterziehung und die leichtfertige Steuerverkürzung die größte praktische Gefahr darstellen, wenn bei der Steuererklärung ein Fehler oder ein Versäumnis unterlaufen ist.
1. Steuerhinterziehung
Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung ist in § 370 Abgabenordnung (AO) geregelt. Danach kann sich der Steuerpflichtige oder sein Vertreter strafbar machen, wenn er vorsätzlich den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstempeln unterlässt und hierdurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Als verkürzt im Sinne des Gesetzes gelten Steuern, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden können. Nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden, § 370 Abs. 4 Satz 2 AO. Die genauen steuerlichen Pflichten ergeben sich wiederum aus den einzelnen steuerlichen Spezialgesetzen.
Das Gesetz sieht einen Strafrahmen von bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vor. Das Strafmaß der Steuerhinterziehung erhöht sich bei einem sog. „besonders schweren Fall“ auf eine Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein solcher Fall kann etwa vorliegen, wenn die hinterzogene Steuer den Betrag von € 50.000 erreicht bzw. überschreitet. Eine Geldstrafe ist in einem besonders schweren Fall nicht möglich.
2. Leichtfertigte Steuerverkürzung
Bei der leichtfertigen Steuerhinterziehung handelt es sich nicht um eine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Der Tatbestand der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO ist erfüllt, wenn der Steuerpflichtige oder sein Vertreter eine Steuerhinterziehung leichtfertig, d.h. ohne Vorsatz aber mit einem besonders großen Sorgfältigkeitsverstoß, begeht. Bei Zweifeln des Steuerpflichtigen hinsichtlich seiner steuerlichen Pflichten oder seiner steuerlichen Bewertung eines Sachverhalts kann dieser angehalten sein, sich Rat bei einer fachlich qualifizierten Person einzuholen.
II. Die Selbstanzeige: Schutz vor strafrechtlichen Konsequenzen
Wer eine wirksame Selbstanzeige zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart abgibt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht wegen Steuerhinterziehung bestraft. Sollte allenfalls eine leichtfertige Steuerverkürzung im Raum stehen, wird im Fall einer wirksamen Selbstanzeige kein Bußgeld festgesetzt. Sowohl bei der Steuerhinterziehung als auch bei der leichtfertigen Steuerverkürzung müssen allerdings für die Straffreiheit die hinterzogenen bzw. verkürzten Steuern sowie etwaige (Hinterziehungs-)Zinsen innerhalb einer angemessen Frist entrichtet werden. Die strafbefreiende Wirkung bezieht sich dabei allein auf die Steuerstraftat und nicht auf etwaig mitverübte Straftaten wie etwa Urkundenfälschung oder Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt.
Die Straffreiheit ist indes nicht mit der Steuerfreiheit zu verwechseln. Zwar kommt es nicht zu strafrechtlichen Konsequenzen, das Steuerverfahren und mithin auch die Steuerforderungen werden nicht beseitigt, wenn die Selbstanzeige erfolgreich ist.
III. Sperrgründe für eine Selbstanzeige
Sollte der Weg einer Selbstanzeige beschritten werden, sollte vorab geprüft werden, ob dieser Weg noch gangbar ist. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit zur straf- bzw. bußgeldbefreienden Selbstanzeige in einigen Konstellationen gesperrt. Eine Selbstanzeige kann daher in den nachfolgenden Situationen zu spät sein, sie entfaltet dann keine strafbefreiende Wirkung mehr.
1. Sperrgründe bei der Steuerhinterziehung
Eine wirksame Selbstanzeige ist nicht mehr möglich, wenn bei einer der zur Selbstanzeige gebrachten unverjährten Steuerstraftat dem Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben worden ist. Dies betrifft Fälle der sog. Außenprüfung bzw. Betriebsprüfung. Die Sperrung der Selbstanzeige erstreckt sich in diesen Fällen auf den zeitlichen und sachlichen Umfang der Außenprüfung. Dies gilt auch, wenn dem Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens (wirksam) bekannt gegeben worden ist. Entsprechend greift die Wirkung der Selbstanzeige ebenfalls nicht ein, wenn ein Amtsträger (der Finanzbehörde) zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit persönlich vorstellig wird bzw. im Sprachstil des Gesetzgebers „erschienen“ ist. Für den Sonderfall einer Umsatzsteuer-Nachschau, einer Lohnsteuer-Nachschau oder einer Nachschau nach anderen steuerrechtlichen Vorschriften gilt das zuvor ausgeführte entsprechend, wobei der Amtsträger sich bei Erscheinen auch ausweisen können muss.
Einen weiteren Sperrgrund stellt es dar, wenn eine Steuerstraftat im Zeitpunkt der Selbstanzeige ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Steuerpflichtige dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste. Wann eine Tat als entdeckt gilt, ist anhand des Einzelfalls zu prüfen. Mitunter kann auch schon die Entdeckung einer Tat im Ausland durch ausländische Behörden ausreichen.
Zudem entfaltet die Selbstanzeige grundsätzlich auch dann keine strafbefreiende Wirkung, wenn die hinterzogene Steuer oder der erlangte nicht gerechtfertigte Steuervorteil je Tat einen Betrag von € 25.000 übersteigt. Dasselbe gilt, unabhängig vom jeweils hinterzogenen Betrag, sofern ein in § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 6 AO genannter besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vorliegt. Dies ist etwa der Fall, wenn bei der Steuerhinterziehung nachgemachte oder verfälschte Belege verwendet worden und fortgesetzt Steuern verkürzt worden sind. In diesen Fällen kann jedoch von der Strafverfolgung abgesehen werden, wenn der Steuerpflichtige oder ein sonstiger an der Tat Beteiligter die verkürzten Steuern (inkl. Zinsen) entrichtet und zusätzlich einen Geldbetrag zugunsten der Staatskasse in Höhe von 10% bis 20% des Hinterziehungsbetrags zahlt.
2. Sperrgrund bei der leichtfertigen Steuerhinterziehung
Da es bei der leichtfertigen Steuerverkürzung kein „Wissen“ um eine etwaige Steuerverkürzung gibt, gibt es hier nur einen Sperrgrund, der die Wirksamkeit der Selbstanzeige hindert: Dem Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter darf die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens wegen der gegenständlichen Tat nicht bekannt gegeben worden sein. Die Bekanntgabe richtet sich dabei nach den allgemeinen Vorschriften.
IV. Fazit
Sollte sich im Nachhinein zeigen, dass bei der Abgabe einer Erklärung ein Fehler unterlaufen oder eine Abgabefrist versäumt worden ist, ist eine Korrektur durch den Steuerpflichtigen oder seinen Vertreter vorzunehmen. Frei nach dem Motto „better safe than sorry“ sollte dann auch immer daran gedacht werden, ob die Nacherklärung im Zweifel auch den Anforderungen einer Selbstanzeige genügt. Die Reaktionen der verschiedenen Finanzämter unterscheiden sich stark und lassen sich im Vorfeld nicht immer abschätzen. Sollte die Korrektur letztlich auf eine Selbstanzeige hinauslaufen, sollte der Steuerpflichtige oder sein Vertreter stets bedenken, dass die Selbstanzeige ihre Wirkung nur entfalten kann, wenn sie den gesetzlichen Anforderungen gänzlich entspricht.
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