Einführung einer E-Rechnungspflicht in Deutschland

In Deutschland wird zukünftig im B2B-Bereich die Verwendung sogenannter elektronischer Rechnungen (im Folgenden auch „E-Rechnung“ genannt) obligatorisch sein. Ein im Inland ansässiger Unternehmer wird verpflichtet, für im Inland steuerbare Leistungen (die nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerbefreit sind) eine E-Rechnung auszustellen, wenn auch der Rechnungsempfänger im Inland ansässig ist (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG-E). Der folgende Beitrag gibt Ihnen einen Überblick über die geplanten Änderungen.

I. Hintergrund und aktueller Stand

Im Rahmen der ViDA-Initiative der EU-Kommission (ViDA steht für „VAT in the Digital Age“) ist die Einführung eines elektronischen Meldesystems geplant, das unter anderem die bisherigen Zusammenfassenden Meldungen (ZM) ersetzen soll. Ursprünglich sollten die Änderungen bereits in 2028 in Kraft treten, jedoch wird nun über eine Verschiebung auf 2030 bzw. 2032 diskutiert. Es gibt bereits eine geänderte Definition des Begriffs "Elektronische Rechnung" (Art. 217 MwStSystRL) in Vorbereitung auf diese Neuerungen.

Unabhängig von der ViDA-Initiative auf europäischer Ebene hat Deutschland bereits im Sommer 2023 mit Durchführungsbeschluss des EU-Rates die Erlaubnis erhalten, abweichende Regelungen von der Mehrwertsteuersystemrichtlinie in Bezug auf E-Rechnungen einzuführen. Diese neuen nationalen Regelungen zur E-Rechnung sind im Wachstumschancengesetz enthalten, das vom Bundestag am 17.11.2023 verabschiedet wurde. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens lief ein Vermittlungsverfahren, welches keine inhaltlichen Änderungen hinsichtlich der elektronischen Rechnungsregelungen zur Folge hatte und dessen Ergebnis seit dem 21.2.2024 vorliegt. Das geänderte Wachstumschancengesetz muss jedoch erneut vom Bundestag und (voraussichtlich am 22.3.2024) vom Bundesrat verabschiedet werden (dessen Zustimmung noch nicht gesichert ist), um in Kraft treten zu können. Dass aber die E-Rechnungspflicht in Deutschland eingeführt wird, ist nur eine Frage der Zeit.

II. Was wird sich ändern?

Ab dem 1. Januar 2025 müssen sich Unternehmen auf neue Begriffsdefinitionen einstellen (§ 14 Abs. 1 Satz 2 ff. UStG-E). Es wird zwischen elektronischen Rechnungen und sonstigen Rechnungen unterschieden.

Eine elektronische Rechnung (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UStG-E) ist demnach eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht. Dieses strukturierte elektronische Format muss den europäischen Normen für die elektronische Rechnungsstellung und den entsprechenden Syntaxen gemäß RL 2014/55/EU entsprechen (und somit auch der CEN-Norm EN 16931).

Es ist zu beachten, dass das strukturierte elektronische Format der E-Rechnung auch zwischen Rechnungsaussteller und -empfänger vereinbart werden kann (§ 14 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UStG-E). Jedoch müssen aus der E-Rechnung im vereinbarten Format die gesetzlich erforderlichen Rechnungsangaben richtig und vollständig extrahiert werden können, in ein Format, das der genannten europäischen Norm entspricht oder damit interoperabel ist. So sind beispielsweise auch über EDI-Verfahren ausgestellte Rechnungen unter Umständen weiterhin zulässig.

Formate wie die XRechnung, die bereits im öffentlichen Auftragswesen verwendet wird, oder das hybride ZUGFeRD-Format (eine Kombination aus PDF-Dokument und XML-Datei), erfüllen diese Formatanforderungen (für ZUGFeRD ab Version 2.0.1). Auch andere Rechnungsformate, die nicht ausdrücklich genannt wurden, können grundsätzlich die Anforderungen erfüllen.

Mit sonstigen Rechnungen sind dann bspw. Papierrechnung oder auch eine per E-Mail versandte PDF-Rechnung gemeint.

III. Wer wird davon betroffen sein?

Auch schon heute ist der Unternehmer grundsätzlich verpflichtet eine Rechnung auszustellen, wenn er eine Lieferung oder eine sonstige Leistung an einen anderen Unternehmer erbringt (es sei denn, der Umsatz ist nach § 4 Nr. 8 – 29 UStG steuerbefreit). Diese Verpflichtung bleibt durch die Gesetzesänderung unverändert. Neu ist die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG-E).

Die E-Rechnungspflicht betrifft zunächst nur Umsätze zwischen Unternehmen (B2B). Außerdem müssen sowohl der leistende Unternehmer als auch der Leistungsempfänger im Inland ansässig sein. Eine umsatzsteuerliche Registrierung in Deutschland ohne gleichzeitige Ansässigkeit löst per se noch keine Verpflichtung zur E-Rechnungsstellung aus.

Ausnahmen von der Verpflichtung gibt es z.B. für Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV), die weiterhin als "sonstige Rechnungen" übermittelt werden dürfen, also z.B. in Papierform.

IV. Ab wann gilt die E-Rechnungspflicht?

Grundsätzlich gilt ab dem 1. Januar 2025 die E-Rechnungspflicht. Unter Berücksichtigung des zu erwartenden Umsetzungsaufwands hat der Gesetzgeber mehrere gestaffelte Übergangsregelungen (§ 27 Abs. 38 UStG-E) eingeführt. 

Bis zum Ende des Jahres 2026 dürfen für B2B-Umsätze, die in den Jahren 2025 und 2026 ausgeführt werden, weiterhin Papierrechnungen verwendet werden. Auch sonstige Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen (also z.B. eine PDF Rechnung per Email), sind in diesem Zeitraum zulässig, jedoch ist wie bisher die Zustimmung des Rechnungsempfängers erforderlich (§ 27 Abs. 38 Nr. 1 UStG-E).

Bis zum Ende des Jahres 2027 dürfen für B2B-Umsätze, die in 2027 ausgeführt werden, weiterhin Papierrechnungen oder sonstige Rechnungen verwendet werden (ggf. mit Zustimmung des Rechnungsempfängers; vgl. auch oben). Eine zusätzliche Voraussetzung ist jedoch, dass der Rechnungsaussteller einen Vorjahresumsatz (Gesamtumsatz im Sinnes des § 19 Abs. 3 UStG) von maximal 800.000 EUR hat (§ 27 Abs. 38 Nr. 2 UStG-E).

Im Ergebnis müssen ab dem Jahr 2028 die neuen Anforderungen an E-Rechnungen und ihre Übermittlung dann zwingend eingehalten werden. 

V. Welche Auswirkungen hat das für Rechnungsempfänger?

Wie bereits oben beschrieben gilt die neue E-Rechnungspflicht ab dem 1. Januar 2025. Ab diesem Zeitpunkt wird der inländische Unternehmer zwar zunächst aufgrund der Übergangsregelungen nicht zwingend zur E-Rechnungstellung verpflichtet. Dieser ist aber auch ohne Zustimmung des Rechnungsempfängers zur E-Rechnungstellung berechtigt. Insofern müssen inländische Unternehmer als Rechnungsempfänger ggf. schon ab dem 1. Januar 2025 in der Lage sein, E-Rechnungen nach den neuen Vorgaben zu empfangen und zu verarbeiten.

Vor diesem Hintergrund sind Unternehmer, die zwar selbst nur steuerfreie Leistungen erbringen (z.B. Wohnungsvermieter, Ärzte), mittelbar von der E-Rechnung betroffen. Denn auch diese müssen künftig in der Lage sein, elektronische Rechnungen im strukturierten Format zu empfangen und zu archivieren. 

Die grundsätzliche Möglichkeit, eine Abrechnung per Gutschrift (also im umsatzsteuerlichen Sinne eine Rechnung, die vom Leistungsempfänger erstellt wird) durchzuführen, bleibt von der Gesetzesänderung unberührt. Allerdings werden zukünftig die E-Rechnungsregelungen im Hinblick auf das Gutschriftsverfahren wohl entsprechend Anwendung finden.

VI. Zusammenfassung und Ausblick

Die Einführung einer E-Rechnungspflicht in Deutschland wird mit Sicherheit kommen. Auch in einigen anderen EU-Ländern gibt es unabhängig von der ViDA-Initiative Bestrebungen, eigene nationale Regelungen und E-Rechnungssysteme einzuführen (Italien hat bspw. schon seit Längerem ein eigenes E-Rechnungssystem eingeführt). Vor diesem Hintergrund ist es für Unternehmen, vor allem für solche, die grenzüberschreitend Warenlieferungen oder Dienstleistungen erbringen, mitunter herausfordernd, die Übersicht über die verschiedenen Regelungssysteme zu behalten.

Mit der beabsichtigten Einführung der E-Rechnungsregelungen ergeben sich aber gleichzeitig neue Fragen, die noch zu klären sind. Offen ist unter anderem, welche Sanktionen dem Unternehmer drohen, wenn eine E-Rechnung nicht empfangen werden kann, oder welche rechtliche Folge es hat, wenn trotz Pflicht zur Erteilung einer E-Rechnung dies nicht erfolgt, etc. Insofern ist das Ergehen eines BMF-Schreibens zu den Detailfragen vor Inkrafttreten wünschenswert.

Unabhängig von den gesetzlichen Entwicklungen erwarten immer mehr Unternehmen von ihren Geschäftspartnern, dass sie in der Lage sind, elektronische Rechnungen zu empfangen und zu versenden. Zudem müssen Unternehmer ab dem 1. Januar 2025 ohnehin die technischen Voraussetzungen zur Entgegennahme einer E-Rechnung im Grundsatz sicherstellen. Daher wächst der Druck zur Umstellung, unabhängig von den Zeitplänen der nationalen oder EU-Gesetzgebung. Da Zeit- und Kostenaufwand für die Umstellung je nach Unternehmensgröße erheblich sein können, ist es ratsam, entsprechende Projektstrukturen zeitnah zu implementieren, sofern dies noch nicht geschehen ist. Gerne sind wir Ihnen behilflich bei der rechtlichen und technischen Umsetzung.

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von Lennart Kolkmann 16. Januar 2025
I. Einführung Die Sicherheit bei Fußballspielen, insbesondere bei sogenannten Hochrisikospielen, erfordert regelmäßig erhöhten Polizeieinsatz. Die Frage, wer die dadurch entstehenden Mehrkosten tragen soll, führte zu einem langjährigen Rechtsstreit zwischen der DFL Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) und dem Bundesland Bremen. Mit seinem Urteil vom 14.01.2025 schuf das Bundesverfassungsgericht nun Klarheit in dieser Angelegenheit. II. Hintergrund Im Jahr 2014 beschloss das Land Bremen, die Veranstalter von gewinnorientierten Großveranstaltungen mit über 5.000 Teilnehmern, bei denen es erfahrungsgemäß zu Gewalt kommen kann, an den zusätzlichen Polizeikosten zu beteiligen. Dies betraf insbesondere Hochrisikospiele im Profifußball. Erstmals 2015 stellte das Land Bremen der DFL einen Kostenbescheid über rund 425.000 Euro für das Spiel zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV zu. Dagegen wehrte sich die DFL und zog bis vor das Bundesverwaltungsgericht. Dieses erklärte die Kostenbeteiligung letztlich für rechtmäßig - die DFL erhob Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. III. Problem Die zentrale Streitfrage bestand darin, ob die Beteiligung an den Kosten der Polizeieinsätze mit dem Grundgesetz, insbesondere mit der in Artikel 12 des Grundgesetzes (GG) verbrieften Berufsfreiheit, vereinbar ist. Die Gebührenerhebung basiert auf dem im November 2014 in Kraft getretenen § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz (BremGebBeitrG). Dort ist vorgesehen, dass von den Veranstaltern einer gewinnorientierten Veranstaltung mit mehr als voraussichtlich 5.000 Teilnehmern eine Gebühr erhoben wird, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartenden Gewalthandlungen der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften erforderlich wird. Die zu erhebende Gebühr ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte entsteht. Die DFL argumentierte dagegen, dass die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit eine staatliche Aufgabe sei, die aus Steuermitteln finanziert werden müsse. Zudem befürchtete sie Wettbewerbsverzerrungen, falls nur in einzelnen Bundesländern solche Gebühren erhoben würden. IV. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Mit Urteil vom 14.01.2025 (Urt. v. 14.01.2025, Az. 1 BvR 548/22) wies der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsbeschwerde der DFL ab und erklärte die Norm für verfassungsgemäß. Im Wesentlichen stellte der Senat fest, dass § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG zwar in die durch Artikel 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Veranstalter eingreife, dieser Eingriff aber seine verfassungsrechtliche Rechtfertigung in der Verhältnismäßigkeit der Norm finde. Die Verfassung kenne keinen allgemeinen Grundsatz, nach dem die polizeiliche Sicherheitsvorsorge durchgängig kostenfrei zur Verfügung gestellt werden muss. Die Gefahrenvorsorge sei keine allgemeine staatliche Tätigkeit, die zwingend ausschließlich aus dem Steueraufkommen zu finanzieren ist. Zudem beeinträchtige das Bremer Gebührengesetz die Berufsfreiheit der Veranstalter nicht unangemessen: Das Ziel der Gebührenerhebung, nicht die Allgemeinheit mit dem Mehraufwand zu belasten, sondern die Veranstalter als dessen Veranlasser, stehe nicht außer Verhältnis zur sich aus der Gebührenpflicht ergebenden Beeinträchtigung der Berufsfreiheit. Schließlich entfalte das Bremer Gebührengesetz auch nicht eine verfassungsrechtlich unzulässige „erdrosselnde Wirkung“ zulasten der DFL, so der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzende des Ersten Senats, Prof. Dr. Stephan Harbarth. V. Folgen des Urteils Die Reichweite des Ur teils ist erheblicher, als man zunächst annehmen mag. Da das Bremer Gebührengesetz offen formuliert ist, beschränkt sich die Kostentragungspflicht der Veranstalter nicht ausschließlich auf Fußballvereine, selbst wenn dies den Anreiz zur Verabschiedung des Gesetzes gegeben haben mag. Ob andere Bundesländer sich ein Beispiel am Land Bremen nehmen, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Denkbar ist insoweit auch, dass private Veranstalter sowohl von bereits kleineren Veranstaltungen wie Konzerten als auch größeren überregionalen Veranstaltungen sowie Brauchtumsveranstaltungen zur Kasse gebeten werden. VI. Ausblick Noch haben das Land Nordrhein-Westfalen und die übrigen Bundesländer kein entsprechendes Gesetz erlassen. Jedoch hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung das Tor für entsprechende Gesetzesvorhaben weit aufgestoßen. Es bleibt daher zu beobachten, wie andere Bundesländer auf das Urteil reagieren werden und wie eine Kostenverteilung zwischen der DFL und den Vereinen in Zukunft aussehen könnte. Sie möchten mehr dazu erfahren und sich mit uns in Verbindung setzen? Dann füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus.
27. Dezember 2024
P elka ernennt zwei neue Partner. So treten mit Wirkung zum 1. Januar 2025 Alexander Krämer und Felix Heeg in die Partnerschaft ein. Alexander Krämer beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der Beurteilung steuer- und bewertungsrechtlicher Sachverhalte im Zusammenhang mit Erb- und Schenkungsfällen. Daneben berät Herr Krämer zum Immobiliensteuerrecht und betreut vermögende Privatpersonen in steuerlichen Fragen. Die Aufnahme von Herrn Krämer in die Partnerschaft verdeutlicht das Wachstum der Kanzlei im Bereich Private Clients. Felix Heeg leitet als Steuerberater u.a. den internen Bereich der Praxis. Die Aufnahme in die Partnerschaft ist ein weiterer Schritt, die Strukturen an die Wachstumsstrategie der Kanzlei anzupassen. „Ich gratuliere den Kollegen herzlichst zu ihrem Karriereschritt. Mit Herrn Krämer und Herrn Heeg gewinnen wir zwei Partner, die sich seit vielen Jahren für die Sozietät einsetzen und mit ihrer ausgesprochen hohen fachlichen Expertise maßgeblich zur Weiterentwicklung der Praxis und zur bestmöglichen Betreuung unserer Mandantinnen und Mandanten beitragen werden. Wir freuen uns auf die nun noch engere Zusammenarbeit.“ Dr. Jürgen Pelka, Vorsitzender des Partnerschaftsrats. Dr. Barbara Anzellotti wird zum 01. Januar 2025 die Partnerschaft verlassen. Sie eröffnet eine eigene Praxis und wird darin ihren bisherigen Schwerpunkt, das Immobilienrecht, fortführen. Wir danken ihr für die Zusammenarbeit und wünschen ihr viel Erfolg. Pelka verzeichnet 17 Partnerinnen und Partner sowie rund 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Standorten Köln, Berlin und Essen. Zu den Mandantinnen und Mandanten gehören vornehmlich national und international agierende Unternehmen, die dahinterstehenden Familien sowie freiberuflich Tätige.
von Tobias Kromm 17. Dezember 2024
Am 05.12.2024 entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG): Eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten voraussetzt, behandelt teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer wegen der Teilzeit schlechter als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte. Kann diese Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden, liegt ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot Teilzeitbeschäftigter gem. § 4 Abs. 1 Teilzeit-und Befristungsgesetz (TzBfG) vor. Regelmäßig liege zugleich auch eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des (weiblichen) Geschlechts vor, wenn erheblich mehr Frauen als Männer von einer entsprechenden Zuschlagsregelung betroffen sind. I. Sachverhalt Die Klägerin war als Pflegekraft in Teilzeit im Umfang von 40 % eines Vollzeitbeschäftigten tätig. Nach dem geltenden Tarifvertrag waren Überstunden mit einem Zuschlag von 30 % zuschlagspflichtig, die über die monatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet wurden und im jeweiligen Kalendermonat nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden konnten. Alternativ zu einer Auszahlung des Zuschlags war eine entsprechende Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto vorgesehen. Das Arbeitszeitkonto der Klägerin wies Ende März 2018 ein Arbeitszeitguthaben von 129 Stunden und 24 Minuten aus. Der Arbeitgeber hatte ihr für diese Zeiten weder Überstundenzuschläge gezahlt, noch im Arbeitszeitkonto eine Zeitgutschrift vorgenommen. Die Klägerin verlangte, dass ihrem Arbeitszeitkonto als Überstundenzuschlag weitere 38 Stunden und 39 Minuten (30% von 129 Stunden und 24 Minuten) gutgeschrieben werden. Darüber hinaus begehrte sie die Zahlung einer Entschädigung in Höhe eines Vierteljahresverdienstes nach § 15 Abs. 2 AGG. Sie werde aufgrund der tarifvertraglichen Regelung als Teilzeitkraft gegenüber vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten benachteiligt. Zudem werde sie wegen ihres Geschlechts mittelbar benachteiligt, denn der Arbeitgeber beschäftige überwiegend Frauen in Teilzeit. II. Verfahrensgang Nachdem das Arbeitsgericht Fulda die Klage noch abwies und am Landesarbeitsgericht Hessen nur die Zeitgutschrift zuerkannt wurde, hatte das BAG das Revisionsverfahren zunächst ausgesetzt und den Gerichthof der Europäischen Union (EuGH) um die Beantwortung von Rechtsfragen betreffend die Auslegung des Unionsrechts ersucht, welcher das Vorabentscheidungsersuchen am 29.07.2024 beantwortete. In Umsetzung der Entscheidung des EuGH hatte die Revision der Klägerin vor dem BAG teilweise Erfolg. III. Lösung des BAG Das BAG sprach der Klägerin die verlangte Zeitgutschrift zu. Darüber hinaus erkannte es auch eine Entschädigung an, allerdings nicht in Höhe des geforderten Vierteljahresverdienstes, sondern in Höhe von 250,00 Euro. Auf der Grundlage der Vorgaben des EuGH musste das BAG davon ausgehen, dass ein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten (§ 4 Abs. 1 TzBfG) vorlag, da die tarifliche Regelung keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Überstundenzuschlags vorsah. Der Senat konnte für diese Ungleichbehandlung keinen sachlichen Grund erkennen. Die tarifliche Überstundenzuschlagsregelung war aufgrund des Verstoßes unwirksam, sodass die Klägerin einen Anspruch auf die weitere Zeitgutschrift hatte. Die Zuerkennung der Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 250,00 Euro ergab sich daraus, dass die Klägerin durch die Anwendung der unwirksamen tariflichen Regelung auch eine mittelbare Benachteiligung wegen ihres Geschlechts erfahren hatte, denn mehr als 90 % der Teilzeitbeschäftigten des Arbeitgebers waren Frauen. Der Betrag von 250,00 Euro sei dabei erforderlich, aber auch ausreichend, um einerseits den durch die mittelbare Benachteiligung entstandenen immateriellen Schaden auszugleichen und andererseits gegenüber dem Arbeitgeber die gebotene abschreckende Wirkung zu entfalten. IV. Folge: Schlechterstellung von Vollzeitkräften? Während die Entscheidungen des EuGH und darauf aufbauend auch des BAG für Teilzeitkräfte begrüßenswert sind, stellt sich nun die Frage, ob dadurch Vollzeitkräfte diskriminiert werden. Denn im Hinblick auf Überstundenpauschalen ergeben sich zwei gegensätzliche Positionen: Eine Überstundenpauschale, die erst greift, wenn die monatliche Arbeitszeit eines in Vollzeit arbeitenden Arbeitnehmers erreicht wird, ist nachteilig für Teilzeitarbeitende, denn für diese ist es wesentlich schwieriger auf diese Anzahl an Arbeitsstunden zu kommen. Wird dagegen eine Überstundenpauschale immer schon dann ausgezahlt, wenn die individuelle Arbeitszeit überschritten wird, erscheint es ungerecht, weil Teilzeitbeschäftigte dann bei Überstunden für dieselbe Arbeitszeit einen höheren Stundenlohn erhielten als Vollzeitkräfte. Maßgebliche Bedeutung kommt daher der Frage zu, welcher Zweck mit der Zahlung von Überstundenzuschlägen verfolgt wird: Geht es um die Vergütung der (zu viel) geleisteten Arbeit oder soll ein Ausgleich für Mehrbelastungen im Vergleich zur vertraglichen Regelarbeitszeit geschaffen werden? Für den EuGH war in dessen Entscheidung vom 29.07.2024 wohl ausschlaggebend, dass eine Teilzeitkraft die gleiche Anzahl an Stunden arbeiten müsste wie eine Vollzeitkraft, um überhaupt Überstundenzuschläge zu verdienen. Teilzeitbeschäftigte könnten die Anzahl an Arbeitsstunden, die einen Anspruch auf einen Zuschlag begründen, daher gar nicht oder nur mit einer deutlich geringeren Wahrscheinlichkeit erreichen als eine vollzeitbeschäftigte Arbeitskraft. Somit stelle die Festsetzung einer einheitlichen Untergrenze für Überstundenzuschläge für teilzeitbeschäftigte Pflegekräfte eine ungleich größere Belastung dar. Damit liege eine „schlechtere“ Behandlung vor, die nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei. Insbesondere das Ziel, eine Anordnung von Überstunden für Arbeitnehmer einzuschränken, ließ der EuGH nicht gelten. Die Regelung schaffe vielmehr einen Anreiz für Arbeitgeber, Überstunden eher bei Teilzeitbeschäftigten anzuordnen. Das Argument, eine Schlechterbehandlung von Vollzeitbeschäftigten gegenüber Teilzeitbeschäftigten solle verhindert werden, überzeugte daher im Ergebnis ebenfalls nicht. V. Fazit Bei der Gewährung von Zuschlägen sind die Entscheidungen des EuGH sowie des BAG für Arbeitgeber und Personalverantwortliche von großer Bedeutung. Zwar sind Zuschläge nicht ohne weiteres zwingend zu gewähren, gibt es hierzu aber verbindliche Regelungen, bspw. in Arbeits- oder Tarifverträgen, sollten die konkreten Vorgaben der Rechtsprechung dringend beachtet werden. Sofern eine unterschiedliche Behandlung von Voll- und Teilzeitkräften vorgesehen ist, empfiehlt es sich, diese auf eine sachliche Unterscheidungsmöglichkeit hin zu untersuchen. Das unterschiedliche Arbeitspensum genügt für sich genommen als Begründung gerade nicht. Es gilt hier also sorgfältig und genau vorzugehen. Darüber hinaus droht Unternehmen aufgrund des potentiell diskriminierenden Charakters solcher Regelungen zusätzlich die Geltendmachung von Entschädigungszahlungen durch betroffene Beschäftigte. Aus unserer Sicht sind dies allemal gute Gründe, die einschlägigen Zuschlagsregelungen im Unternehmen zu prüfen. Wir danken unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Hannah Kramer für die tatkräftige Unterstützung zu diesem Beitrag. Sie möchten mehr dazu erfahren und sich mit uns in Verbindung setzen? Dann füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus.
von Fabian Riegler und Di Wu 11. Dezember 2024
Die deutsche Wegzugsteuer nach § 6 AStG ist einem laufenden Wandel unterzogen. Der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung haben diesbezüglich in der jüngeren Vergangenheit Verschärfungen vorgenommen. Insbesondere internationale Unternehmerfamilien und gerade mittelständische Familienunternehmen sind von den Verschärfungen betroffen und dadurch in ihrer Mobilität eingeschränkt. Auch die Rechtsprechung muss sich stetig mit der Wegzugsbesteuerung beschäftigen. Der folgende Beitrag zeigt nicht nur die aktuellen Rechtsentwicklungen auf, sondern gibt Hinweise auf mögliche Vermeidungsstrategien. I. Einleitung Die Wegzugsteuer nach § 6 AStG wurde ursprünglich als Missbrauchsvermeidungsvorschrift eingeführt, um das deutsche Besteuerungsrecht an Anteilen an Kapitalgesellschaften zu sichern. Im Laufe der Jahre hat sie sich durch zahlreiche Gesetzesänderungen und die Internationalisierung des Steuerrechts zu einem wichtigen Thema in der Steuerberatung entwickelt. Mit der Neufassung des § 6 AStG, die am 01.01.2022 in Kraft trat, wurden erhebliche Verschärfungen eingeführt (unseren Beitrag aus 2021 zu den Gesetzesänderungen finden Sie hier). Ende 2023 trat eine neue Gesetzesänderung in Kraft, welche die Dauer der EU/EWR-Stundung für Wegzüge bis zum 31.12.2021 einschränkte. Zudem wurde Ende 2023 ein Anwendungserlass der Finanzverwaltung zum neuen AStG veröffentlicht. Im Januar 2024 folgte sodann das mit Spannung erwartete BFH-Urteil in der Rechtssache Wächtler, welches einige der jüngsten Gesetzesänderungen in Frage stellt. II. Funktionsweise der Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG Nach § 6 AStG unterliegen stille Reserven in Anteilen an Kapitalgesellschaften, z.B. an einer GmbH, die im Privatvermögen gehalten werden, einer Art „Schlussbesteuerung“, wenn das Besteuerungs-recht Deutschlands an diesen Anteilen eingeschränkt wird oder endet. Das ist typischerweise beim Wegzug des Anteilsinhabers aus Deutschland der Fall. Eine Voraussetzung für die Wegzugsteuer ist, dass der Steuerpflichtige in den letzten zwölf Jahren mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland war. Der § 6 AStG gilt für alle Anteile gemäß § 17 Abs. 1 EStG, einschließlich Beteiligungen an optierenden Personengesellschaften. Erfasst werden sowohl Anteile an inländischen als auch an ausländischen Kapitalgesellschaften, sofern der Steuerpflichtige in den letzten fünf Jahren vor dem steuerrelevanten Ereignis mindestens zu 1 % an diesen beteiligt war. Bei ausländischen Gesellschaften ist entscheidend, ob diese aus deutscher Sicht als Kapital- oder Personengesellschaft eingestuft werden. Ein abkommensrechtlicher Konflikt kann entstehen, wenn Deutschland die Gesellschaft als Kapitalgesellschaft betrachtet, während der Sitzstaat sie als steuerlich transparente Personengesellschaft einstuft. Solche Situationen können nicht selten insbesondere bei US-Gesellschaften entstehen. Das steuerauslösende Ereignis ist in der Regel die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht durch Wohnsitzaufgabe oder unentgeltliche Übertragung der Anteile auf Personen, die in Deutschland nicht der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Die Folge ist die Besteuerung eines fiktiven Veräußerungsgewinns, der sich aus dem gemeinen Wert der Anteile zum Zeitpunkt des Ereignisses abzüglich der Anschaffungskosten und eventueller Veräußerungskosten ergibt. III. Gesetzgeberische Verschärfung für EU-/EWR Altfälle War es in der Vergangenheit noch möglich bei einem Wegzug aus Deutschland in einen Mitgliedstaat der EU oder des EWR eine Stundung der Steuer in Gänze zu erhalten, wurden mit dem Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2022/2523 vom 21.12.2023 die Anforderungen an die dauerhafte Stundung der Wegzugsteuer nach § 6 AStG verschärft, insbesondere für EU-/EWR-Altfälle. Die Änderungen betreffen alle Wegzüge vor dem 01.01.2022 und zielen darauf ab, die Stundungsregeln für diese Fälle an die neuen Regelungen des ATAD-Umsetzungsgesetzes anzupassen. Laut der neuen Regelung in § 21 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 AStG kann die Stundung der Wegzugsteuer für Altfälle (d.h. für Wegzüge vor dem 01.01.2022) widerrufen werden, wenn aus der betroffenen Gesellschaft, deren Anteile mit der Wegzugsteuer belastet wurden, Gewinnausschüttungen oder Einlagenrückgewähr erfolgen, deren gemeiner Wert mehr als ein Viertel des gemeinen Werts der Anteile zum Zeitpunkt des Wegzugs beträgt. Dieser Widerruf gilt gar rückwirkend für alle entsprechenden Zahlungen nach dem 16.08.2023. Es bleibt jedoch unklar, ob für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts der Beschluss zur Gewinnverwendung oder die tatsächliche Auszahlung entscheidend ist. Es sprechen aber gute Argumente dafür, dass der Zeitpunkt des Gesellschafterbeschlusses der maßgebliche ist. Überschreitet der Wert der Ausschüttungen diesen Grenzwert, wird die Stundung teilweise widerrufen, sodass die Steuer sofort teilweise fällig wird. Bei mehreren Ausschüttungen erfolgt ein sukzessiver Widerruf der Stundung. Die Berechnung des Widerrufs erfolgt in zwei Schritten: Zuerst wird die Summe aller relevanten Gewinnausschüttungen und Einlagenrückgewähr nach dem 16.08.2023 ermittelt. Danach wird von dieser Summe ein Viertel der ungekürzten Bemessungsgrundlage der festgesetzten Wegzugsteuer abgezogen. Soweit sich daraus ein positiver Saldo ergibt, ist die Wegzugsteuer im Verhältnis dieses positiven Saldos zum gemeinen Wert der betreffenden Gesellschaftsanteile im Wegzugszeitpunkt sofort fällig. Beispiel: Der Stpfl. ist im Jahr 2018 in das EU-Ausland weggezogen und hat die nach damaligem Recht geltende EU/EWR-Stundung gem. § 6 Abs. 5 AStG a.F. gewährt bekommen. Der gemeine Wert der betroffenen Gesellschaftsanteile im Wegzugszeitpunkt beträgt 100. Seit dem 17.08.2023 wurden in Bezug auf diese Gesellschaftsanteile Gewinnausschüttungen i.H.v. 40 vorgenommen. Der zu ermittelnde positive Saldo aus den Gewinnausschüttungen abzüglich eines Viertels des gemeinen Werts der Gesellschaftsanteile beträgt 15 (40 ./. ¼ × 100). Folglich ist die Wegzugsteuer nach der neuen verschärften Gesetzeslage i.H.v. 15 % (15/100) sofort zur Zahlung fällig. Es besteht eine Pflicht für den Steuerpflichtigen, dem zuständigen Finanzamt die erstmalige Überschreitung dieses Grenzwerts sowie jede darauf folgende Überschreitung jeweils innerhalb eines Monats mitzuteilen. Für alle künftigen Gewinnausschüttungen und die Einlagenrückgewähr betroffener Steuerpflichtige ist daher stets eine Proberechnung durchzuführen, ob der Grenzwert von 25 % des gemeinen Werts der betreffenden Gesellschaftsanteile im Wegzugszeitpunkt überschritten wird. IV. Konkretisierungen der Finanzverwaltung Der neue Anwendungserlass der Finanzverwaltung zum AStG vom 22.12.2023 ersetzt den alten Außensteuererlass des BMF vom 14.05.2004 und bringt umfassende neue Ausführungen zur Wegzugsteuer mit sich. Insbesondere sind die Ausführungen zur sog. Rückkehrerreglung gem. § 6 Abs. 3 AStG hervorzuheben. Nach dieser Regelung entfällt die ausgelöste Wegzugsteuer bei Rückkehr innerhalb von sieben Jahren, sofern auch die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind (u.a. keine Veräußerung oder gleichgestellte Vorgänge). Die Anwendung der Rückkehrerregelung setzt eine „vorübergehende Abwesenheit“ des Steuerpflichtigen voraus. Es gab zuvor einen Meinungsstreit zwischen der Finanzverwaltung und der Literatur darüber, wann eine Rückkehrabsicht des Steuerpflichtigen dargelegt werden muss und wie die Rückkehrabsicht glaubhaft gemacht werden kann. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch klargestellt, dass es ausreichend ist, wenn der Steuerpflichtige innerhalb der gesetzlich festgelegten Frist tatsächlich nach Deutschland zurückkehrt. Nur wenn die vorübergehende Abwesenheit über sieben Jahre (bzw. fünf Jahre nach alter Regelung) hinaus um bis zu weitere fünf Jahre verlängert wird, muss die Rückkehrabsicht nachgewiesen werden. So heißt es im AEAStG 2023 unter Rn. 128: „Wenn keine Anhaltspunkte bestehen, die eine gegenteilige Wertung nahelegen, reicht die Erklärung des Stpfl. für die Annahme der Rückkehrabsicht aus.“ V. Das BFH-Urteil vom 06.09.2023 in der Rs. Wächtler Im sogenannten „Wächtler-Verfahren“ (Az. I R 35/20) hat der BFH entschieden, dass die Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) bei einem Wegzug in die Schweiz dauerhaft und zinslos gestundet werden kann, wobei diese Stundung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden kann. Diese Entscheidung bezieht sich zwar auf das frühere Recht, ist jedoch auf die ab dem 1.1.2022 geltenden Regelungen übertragbar und gilt besonders für Wegzüge in EU- und EWR-Staaten, bei denen keine Sicherheitsleistung erforderlich ist. Für Wegzüge vor dem 01.01.2022 in einen EU- oder EWR-Staat wurde die Wegzugsteuer unter bestimmten Bedingungen dauerhaft und zinslos gestundet (sog. Ewigkeitsstundung). Für die Schweiz galt dies gesetzlich nicht, und es war lediglich eine Ratenzahlung möglich. Im Fall des Klägers Wächtler, der 2011 in die Schweiz verzog, legte das Finanzgericht Baden-Württemberg dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Fragen zur Auslegung des Freizügigkeitsabkommens (FZA) vor, welches ähnliche Rechte wie die EU-Grundfreiheiten bietet. Der EuGH stellte fest, dass auch bei Wegzügen in die Schweiz eine dauerhafte, zinslose Stundung der Wegzugsteuer zu gewähren sei, jedoch unter der Bedingung einer Sicherheitsleistung aufgrund fehlender Vollstreckungshilfe. In seiner Entscheidung wies der BFH die Klage gegen die Steuerfestsetzung ab, betonte jedoch, dass für Wächtlers Wegzug eine dauerhafte und zinslose Stundung bis zur tatsächlichen Veräußerung der Anteile angemessen ist. Dies steht im Widerspruch zu einer früheren Stellungnahme der Finanzverwaltung. BFH-Entscheidungen haben in der Regel nur unmittelbare rechtliche Bedeutung für den Einzelfall, doch ihre rechtlichen Erwägungen im Wächtler-Urteil könnten auf ähnliche Fälle angewendet werden. Folgende Auswirkungen ergeben sich aus dem Urteil: Für Wegzüge vor dem 01.01.2022 in die Schweiz muss die Wegzugssteuer bis zur Veräußerung der Anteile zinslos gestundet werden. Die Stundung könnte jedoch von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, was in praktischer Hinsicht problematisch sein kann. Bereits gezahlte Steuern sind rückwirkend zu erstatten. Für Wegzüge vor dem 01.01.2022 in einen EU-/EWR-Staat wird nach dem Gesetz eigentlich aus-nahmsweise dann keine dauerhafte Stundung gewährt, wenn z.B. der Wegzügler im Ausland nicht einer der deutschen Einkommensteuer vergleichbaren Steuer unterliegt. Insoweit kann bzw. muss die EuGH- wie BFH-Entscheidung nur so verstanden werden, dass auch in diesen Fällen eine dauerhafte, zinslose Stundung europarechtlich geboten ist. Ab dem 01.01.2022 sieht die reformierte Regelung lediglich eine Ratenzahlung über sieben Jahre vor, die in der Regel eine Sicherheitsleistung erfordert. Eine Ungleichbehandlung von ins (EU-)Ausland ziehenden Steuerpflichtigen im Vergleich zu Umzügen innerhalb Deutschlands bleibt bestehen. Im Sinne einer unionsrechtskonformen Regelung müsste der Gesetzgeber die dauerhafte, zinslose Stundung für Wegzüge in EU-/EWR-Staaten wiedereinführen und diese auch auf die Schweiz erstrecken. Bis zu einer (nicht absehbaren) Gesetzesänderung müssen Steuerpflichtige möglicherweise ihre Ansprüche auf dem Rechtsweg durchsetzen. VI. Gestaltungsmöglichkeit Um die oben beschriebenen Problematiken der Wegzugsbesteuerung zu vermeiden, bieten sich verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten an. Eine davon ist die Einlage einer Kapitalgesellschaftsbeteiligung in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft. Bei dieser Gestaltungsvariante ist darauf zu achten, dass es sich um eine originär gewerblich tätige Personengesellschaft handelt, bei der die Anteile an der Kapitalgesellschaft dem Geschäftszweck der Personengesellschaft funktional zuzurechnen sein müssen. Die Personengesellschaft vermittelt dem nunmehr nach dem Wegzug ausländischen Mitunternehmer eine inländische Betriebsstätte, sodass eine Entstrickungsbesteue-rung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG vermieden wird. Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) reicht für die Begründung einer inländischen Betriebsstätte nicht aus. Es käme in einem solchen Fall bei Wegzug zu einer Entstrickungsbesteuerung. Bei der Ausgestaltung der gewerblich tätigen, inländischen Personengesellschaft ist zudem auf die ausreichende Ausstattung mit „Substanz“ zu achten. In der Regel sollte für die Substanz einer Betriebsstätte die Anmietung von Büroräumlichkeiten mitsamt technischer Infrastruktur im Inland durch die Personengesellschaft und die Anstellung von Mitarbeitern, welche für die Personengesellschaft in diesen tätig werden, ausreichend sein. VII. Zusammenfassung Die deutsche Wegzugsbesteuerung gem. § 6 AStG ist infolge mehrerer Gesetzesänderungen in den vergangenen Jahren erheblich verschärft worden. In vielen Fällen kommt es zu einer Übermaßbesteuerung, die unseres Erachtens nicht mit dem Unionsrecht zu vereinbaren ist. Die Entscheidung des BFH vom 06.09.2023 in der Rechtssache Wächtler geht daher in die richtige Richtung, da sie den offenkundig rein fiskalisch motivierten Ausweitungen der deutschen Wegzugsteuer in jüngster Zeit Grenzen setzt. Betroffene Wegzügler sollten darüber nachdenken, ob und in welchen Fällen der Rechtsweg bestritten werden soll. Mandantinnen und Mandanten, die beabsichtigen in nächster Zeit aus Deutschland wegzuziehen, sollten vorab überlegen, inwieweit sie von der Wegzugsbesteuerung betroffen sind und welche geeignete Vermeidungsstrategien bestehen. Sie möchten mehr dazu erfahren und sich mit uns in Verbindung setzen? Dann füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus.
von Anika Brunk und Dr. Leon Reichert 20. November 2024
Seit Anfang November 2024 vergibt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) an alle wirtschaftlich Tätigen eine sog. Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.), welche gleichzeitig auch die bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer nach dem Unternehmensbasisdatenregistergesetz darstellt. Dies erfolgt automatisiert und ohne Antragstellung, so dass grundsätzlich kein Handlungsbedarf besteht. Jedoch ist es wichtig die W-IdNr. aufzubewahren und ggf. an die steuerliche Vertretung weiterzuleiten. Sofern bereits eine USt-IdNr. vorhanden ist, entspricht die W-IdNr. im Grunde dieser, wird jedoch noch um ein fünfstelliges Unterscheidungsmerkmal für unterschiedliche wirtschaftliche Tätigkeiten erweitert. Eine zusätzliche Mitteilung über die W-IdNr. durch das BZSt bleibt dann aus. I. Wer erhält wann eine Wirtschaftsidentifikationsnummer Welche Steuerpflichtigen eine W-IdNr. erhalten, regeln die §§ 139a und 139c AO. Demnach erhalten alle juristischen Personen sowie Personenvereinigungen automatisch eine W-IdNr. durch das BZSt. Darüber hinaus bekommen auch natürliche Personen, die wirtschaftlich tätig sind, eine Nummer zugeteilt. Dabei ist eine natürliche Person als wirtschaftlich Tätige anzusehen, wenn sie bspw. Unternehmerin i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG ist oder gemäß § 28a SGB IV meldepflichtig ist. Wichtig ist, dass die Nummer automatisiert vergeben wird. Das bedeutet, dass wirtschaftlich Tätige keinen Antrag stellen müssen, sondern die Nummer durch das BZSt ohne Aufforderung zugeteilt wird. Wirtschaftlich Tätige bekommen daher seit November 2024 automatisiert ihre Nummer zugeteilt. Dabei geht das BZSt stufenweise vor. Zunächst bekommen lediglich Kleinunternehmer nach § 19 UStG und zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung verpflichtete ihre Nummer zugeteilt. Alle weiteren wirtschaftlich Tätigen erhalten ihre Nummer voraussichtlich erst ab Mitte 2025 zugeteilt. Nachteile durch einen späteren Erhalt der Nummer entstehen keine. Sofern Steuerpflichtige bereits zum 30..11.2024 über eine USt-IdNr. verfügen, erfolgt keine zusätzliche Mitteilung der W-IdNr. durch das BZSt, da beide im Aufbau identisch sind. Somit werden die meisten Steuerpflichtigen keine zusätzliche Mitteilung durch das BZSt über ihre W-IdNr. erhalten. Sofern jedoch keine USt-IdNr. vorhanden ist oder die wirtschaftliche Tätigkeit nach November neu aufgenommen wird, erfolgt die automatisierte Bekanntgabe der W-IdNr. über ELSTER. Ab dem 3.12.2024 kann zudem über ELSTER auch die W-IdNr. erneut abgerufen werden. II. Aufbau der Wirtschaftsidentifikationsnummer Die Nummer besteht aus dem Länderkürzel „DE“ und einer folgenden 9-stelligen Ziffernfolge (bspw. DE987654321). Diese wird aktuell bei den meisten Steuerpflichten mit der USt-IdNr. übereinstimmen. Für jede wirtschaftliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen wird die Nummer dann aber um eine 5-stellige Ziffernfolge (sog. Unterscheidungsmerkmal) fortlaufend erweitert, beginnend bei 00001 (bspw. DE987654321-00001). Anhand des ersten Teils der Nummer kann so der Steuerpflichte eindeutig identifiziert werden und anhand der Folgenummer die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit. Dabei ist zu beachten, dass zunächst für jeden Steuerpflichtigen lediglich eine wirtschaftliche Tätigkeit („-00001“) vergeben wird. Sofern Steuerpflichtige mehrere wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, erfolgt die Zuteilung (bspw. „-00002“ für eine zweite wirtschaftliche Tätigkeiten oder „-00003“ für eine dritte) erst ab 2026. Beispiel: Eine GmbH verfügt über einen Hauptsitz in Köln und vier Betriebstätten verteilt in Deutschland. Die GmbH ist zur Abgabe einer Umsatzsteuererklärung verpflichtet und hat bereits die USt-IdNr. „DE123456789“. Die GmbH bekommt daher bereits im November 2024 die W-IdNr. zugeteilt: „DE123456789-00001“. Voraussichtlich ab 2026 bekommen die einzelnen Betriebstätten dann zusätzlich einzelne Unterscheidungsmerkmale zugeteilt, also „DE123456789-00002“ bis „DE123456789-00005“. III. Bedeutung der Wirtschaftsidentifikationsnummer Sinn und Zweck der neuen Identifikationsnummer ist die Schaffung einer einheitlichen und eindeutigen IdNr. für alle wirtschaftlich Tätigen in Deutschland. Im Gegensatz zu der Steuernummer bleibt die W-IdNr., solange die wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird, bestehen (sog. „Once-Only-Prinzip“). Sie ist das Pendant zur Steuer-Identifikationsnummer bei natürlichen Personen. Laut Angaben des BZSt erleichtert die W-IdNr. die Identifizierung eines Unternehmens und soll so zukünftig die steuerlichen Prozesse, insbesondere die Kommunikation innerhalb der Behörden vereinfachen und ggf. auch automatisieren. Dabei müssen künftig Steuerpflichtige bei der Kommunikation mit den Finanzbehörden auch ihre W-IdNr. angeben (bspw. bei Anträgen, Erklärungen und Mitteilungen). Die Verpflichtung greift aber erst mit Abschluss der Einführung in 2026. Bis dahin kann auch die Kommunikation wie gewohnt unter der Angabe der Steuernummer erfolgen, eine Angabe der W-IdNr. ist bis dahin optional. Neben dem Steuerpflichtigen selbst müssen künftig auch Dritte, die Daten eines wirtschaftlich Tätigen an die Finanzbehörden übermitteln, die W-IdNr. angeben. Dies betrifft bspw. Kapitalerträge auszahlende Stellen. Zu beachten ist auch, dass die W-IdNr. keine Identifikationsnummer ersetzt, insbesondere nicht die USt-IdNr. und die Steuernummer. Diese bleiben neben der W-IdNr. bestehen. Die USt-IdNr. muss ggf. auch weiter gesondert beantragt werden. Sofern bereits eine W-IdNr. besteht und erst zu einem späteren Zeitpunkt eine USt-IdNr. beantragt wird, werden beide Nummern bis auf die Unterscheidungsmerkmale (bspw. „-00001“) identisch sein. IV. Handlungsempfehlungen Die W-IdNr. wird in der Zukunft die Identifikationsnummer bei der Kommunikation mit den Finanzbehörden sein. Daher ist es als Steuerpflichtiger wichtig, diese aufzubewahren und an die steuerliche Vertretung weiterzugeben, insbesondere, wenn diese durch das BZSt gesondert mittgeteilt wurde. Bei den meisten Steuerpflichtigen wird aktuell aber die W-IdNr. mit der USt-IdNr. übereinstimmen. Sofern bereits eine W-IdNr. vorhanden ist, kann diese bereits für die Kommunikation mit den Finanzbehörden freiwillig verwendet werden, bevor diese voraussichtlich ab 2026 verpflichtend anzugeben ist. Sollten Sie jedoch auf ihre bereits vergebene W-IdNr. nicht mehr zugreifen können, so ist ab Dezember 2024 ein erneuter Abruf der W-IdNr. über ELSTER bzw. über das BZSt möglich. Sie möchten mehr dazu erfahren und sich mit uns in Verbindung setzen? Dann füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus.
von Tobias Kromm und Lukas Kröger 6. November 2024
Am 28. Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Mit diesem Gesetz wird die EU-Richtlinie über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (European Accessibility Act, EAA) umgesetzt. Ziel ist es, Barrieren vor allem im digitalen Bereich abzubauen, um eine gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, Einschränkungen und auch älteren Menschen zu gewährleisten. Nachdem derartige Standards für öffentliche Einrichtungen bereits seit mehreren Jahren vorgeschrieben sind, werden nun auch viele private Unternehmen zur Barrierefreiheit verpflichtet. I. Erfasste Produkte und Dienstleistungen Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden, müssen für Verbraucherinnen und Verbraucher barrierefrei bereitgestellt werden. Produkte sind etwa Hardwaresysteme für Computer für Endverbraucher und Endverbraucherinnen, bestimmte Selbstbedienungsterminals wie Geld- oder Fahrausweisautomaten, Verbraucherendgeräte, die für Telekommunikationsdienste genutzt werden (z.B. Mobiltelefone), Verbraucherendgerät mit interaktivem Leistungsumfang (z.B. interaktive Fernseher) und E-Book-Lesegeräte. Unter Dienstleistungen fallen Bankdienstleistungen für Verbraucherinnen und Verbraucher, Telekommunikationsdienste (z.B. Messenger), Elemente der Personenbeförderungsdienste (z.B. elektronische Ticketdienste) sowie E-Books und deren Software. Insbesondere sind auch Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr (z.B. E-Commerce) erfasst, sodass Webshops und Apps in jedem Fall betroffen sind. II. Verpflichtete Unternehmen Verpflichtet werden vor allem Unternehmen in den Bereichen E-Commerce, Finanzdienstleistungen, Verkehr und Telekommunikation sowie Hersteller und Anbieter von Computerhardware und -software, betroffen sind aber alle Unternehmen, die eines der oben genannten Produkte oder Dienstleistungen anbieten. Den Anforderungen des BFSG müssen alle privaten Marktakteure gleichermaßen gerecht werden. Abhängig davon, in welcher Rolle das Unternehmen am Markt auftritt (Hersteller, Händler, Importeure oder Dienstleistungsanbieter), sind zusätzlich verschiedene Prüf-, Nachweis- und Mitteilungspflichten einzuhalten. Grob kann man hier unterscheiden zwischen solchen Unternehmen, die Produkte in den Verkehr bringen (Hersteller, Händler und Importeure) und solchen, die Dienstleistungen erbringen. Da die Vorgaben variieren, sollten Unternehmen sich eingehend darüber informieren, welche Anforderungen sie im Einzelnen einzuhalten haben und welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Von den Regelungen ausgenommen sind lediglich Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz von unter zwei Millionen Euro. III. Begriff der Barrierefreiheit Barrierefreiheit meint, dass Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Zielgruppen sind vor allem Menschen mit Sehbehinderung, gehörlose Menschen und Menschen mit Hörbeeinträchtigungen, Personen mit kognitiven Einschränkungen, etwa mit Lernschwierigkeiten oder Aufmerksamkeitsstörungen sowie Menschen mit motorischen Einschränkungen. Aber auch für ältere Menschen und Personen, die wenig Erfahrung im Umgang mit digitalen Medien haben, soll die Handhabung erleichtert werden. IV. Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen Um Barrierefreiheit sicherzustellen, müssen Produkte und Dienstleistungen die Nutzung für Menschen mit sensorischen, motorischen und kognitiven Einschränkungen sicherstellen. Genauere Vorgaben finden sich in der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. 1. Produkte Produkte müssen zunächst auch in physischer Hinsicht erreichbar und nutzbar sein, beispielsweise, indem sie in einer Höhe angebracht werden, die auch für Rollstuhlfahrer zugänglich ist (z.B. bei Geld- oder Fahrscheinautomaten). Weiterhin ist erforderlich, dass die Bedienelemente klar erkennbar und einfach zu handhaben sind. Tasten und Bedienelemente müssen groß genug, gut erkennbar und klar strukturiert sein, um Menschen mit motorischen Einschränkungen oder Sehbehinderungen eine einfache Bedienung zu ermöglichen. Hilfreich kann auch der Einsatz von Braille-Schrift oder audiovisuellen Beschreibungen von Bedienvorgängen sein, um die Nutzung für Menschen mit Sehbehinderung zu erleichtern. Wichtig ist auch, dass Displays und Bildschirme ausreichend Helligkeit und Kontrast aufweisen, um eine gute Erkennbarkeit zu gewährleisten. Anweisungen zur Nutzung von Produkten sowie wichtige Hinweise müssen leicht verständlich und in einfacher Sprache verfasst sein. Um die Verständlichkeit zu verbessern, kann auch zusätzlich auf grafische Symbole wie Piktogramme oder Icons zurückgegriffen werden. Technische Geräte wie Smartphones oder Tablets müssen mit Hilfsmitteln wie Screenreadern oder Vergrößerungssoftware kompatibel sein. 2. Dienstleistungen Damit Dienstleistungen als barrierefrei gelten, müssen die Informationen über die Funktionsweise der Dienstleistung (z.B. Online-Shops) in mehr als einem sensorischen Kanal zur Verfügung stehen, leicht auffindbar und gut lesbar sein. Auch hier gilt: Texte müssen in angemessener Größe und mit hinreichendem Kontrast, ggf. unter Hinzuziehung von nicht-textlichen Darstellungen bereitgestellt werden. Im Hinblick auf Webseiten gilt, dass die angebotenen Dienstleistungen auf konsistente und angemessene Weise bereitgestellt werden müssen, indem sie wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust gestaltet werden. Dies gilt auch für die zugehörigen Online-Anwendungen und die Darstellung auf Mobilgeräten einschließlich Apps. Im Einzelnen bedeutet dies Folgendes: Wahrnehmbarkeit : Für Bilder müssen Textalternativen bereitgestellt werden, die von Screenreadern erfasst werden können. Webseiten müssen ausreichend Kontrast zwischen Schriftfarbe und Hintergrundfarbe aufweisen und Videos müssen Untertitel oder Audiodeskriptionen enthalten. Bedienbarkeit : Alle Funktionen und Inhalte müssen ohne Maus allein mit der Tastatur zugänglich sein. Die Struktur und Navigation der Webseite muss einheitlich und logisch sein, um eine leichte Orientierung zu ermöglichen. Zeitgesteuerte Inhalte wie automatisch startende Videos oder Animationen sollten vermieden werden oder zumindest leicht zu pausieren oder stoppen sein. Verständlichkeit : Texte müssen in einfacher und verständlicher Sprache geschrieben sein. Formulare müssen klare und hilfreiche Fehlermeldungen und Eingabeanweisungen bieten, um Missverständnisse zu reduzieren. Robustheit : Die Webseite muss mit verschiedenen Browsern, Geräten, Betriebssystemen und Hilfstechnologien wie Screenreadern oder Vergrößerungssoftware kompatibel sein. Es muss regelmäßig überprüft werden, dass die Webseite kontinuierlich den Ansprüchen entspricht Zusätzlich zu den oben genannten Anforderungen gibt es noch spezifische Vorgaben für bestimmte Produkte und Dienstleistungen, etwa für Selbstbedienungsterminals, Telekommunikations- oder Personenbeförderungsdienste. Insgesamt ist vor allem relevant, dass die erforderlichen Informationen über mehrere Sinneskanäle zur Verfügung gestellt werden. V. Folgen bei Verstößen Die Einhaltung der Vorschriften des BFSG ist zwingend erforderlich, ansonsten dürfen die Produkte und Dienstleistungen nicht in den Verkehr gebracht werden. Bei Verstößen drohen Vertriebsverbote, Abmahnungen und sogar empfindliche Bußgelder. VI. Fazit Die jüngsten Entwicklungen rund um das BFSG stellen erhebliche Anforderungen an Unternehmen: Unzureichende Vorbereitung kann zu schwerwiegenden rechtlichen Konsequenzen und Bußgeldern führen. Unternehmen, die jetzt nicht handeln, riskieren, den neuen Anforderungen nicht gerecht zu werden. Bereiten Sie sich daher frühzeitig vor und vermeiden Sie böse Überraschungen – unser Expertenteam steht Ihnen zur Seite, um Sie rechtssicher durch die Anforderungen des BFSG zu führen. Sie möchten mehr dazu erfahren und sich mit uns in Verbindung setzen? Dann füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus.
von Dr. Barbara Anzellotti 4. November 2024
Am 17.10.2024 trafen sich Unternehmerinnen zum Netzwerken bei der WNL mit einem interessanten Fachimpuls durch Rechtsanwältin Dr. Barbara Anzellotti von Pelka und Sozien über „Nachhaltigkeit beim Mieten und Vermieten“: Das gemeinsame europäische Ziel, innerhalb der EU bis 2050 klimaneutral zu sein, bringt Nachhaltigkeitsanforderungen zur Errichtung, Sanierung und Nutzung von Immobilien mit sich. Regulierungen auf europäischer Ebene wie die EU Taxonomie, die Corporate Sustainability Reporting Directive CSRD und die EU-Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden EPBD 2024/1275 stellen den äußeren Rahmen. Ergänzend gab es noch einen Ausflug in die aktuelle Gesetzesreform zur geplanten Textform bei langfristigen Mietverträgen und zu den damit verbundenen Risiken. Zugleich haben die Gastgeber Kunstauktionshaus VAN HAM einen spannenden Einblick in die Welt der Auktionen mit Kunstwerken aus allen Epochen gegeben. Ein großes Dankeschön geht insbesondere auch an WNL und an ETL Advisa mit Marika Florack für die Organisation und charmante Führung durchs Programm!
von Fabian Lünsmann 23. Oktober 2024
Der Bundesrat hat am Freitag, den 18.10.2024 dem Bürokratieentlastungsgesetz IV zugestimmt. Bereits am 26.09.2024 hatte der Bundestag dem Entwurf der Bundesregierung zugestimmt. Damit tritt das Bürokratieentlastungsgesetz IV zum 01.01.2025 in Kraft. Es enthält unter anderem die Abschaffung des gesetzlichen Schriftformerfordernisses nach §§ 550, 578 Abs. 1, 2 BGB für gewerbliche Mietverhältnisse. Für die Immobilienwirtschaft bedeutet dies eine gravierende Änderung der bisherigen Praxis. Nach der Neufassung des § 578 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F. ist der Abschluss von Gewerberaummietverträgen mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr und die nachträgliche Änderung solcher Mietverträge künftig in Textform (§ 126b BGB) und damit in Form von PDFs, E-Mails und sogar Messenger-Nachrichten möglich. Bislang gilt hier ein strenges, teilweise als überzogen empfundenes Schriftformerfordernis, das durch eine umfangreiche und komplexe Rechtsprechung geprägt ist. I. Bestandsaufnahme Beim Abschluss langfristiger Mietverträge ist bisher zu beachten, dass der Vertrag der Schriftform (§§ 550, 578, 126 BGB) bedarf, wenn er für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr gelten soll. Dies bedeutet bisher in der Regel, dass die Parteien eine einheitliche Vertragsurkunde erstellen müssen, die durch eigenhändige Unterschrift beider Parteien auf ein und derselben Urkunde oder auf zwei gleichlautenden Urkunden geschlossen wird. Dieses Formerfordernis gilt nicht nur für den ursprünglichen Mietvertrag, sondern auch für alle späteren Änderungen und Ergänzungen. Von dieser Regelung kann bislang nur durch die qualifizierte elektronische Signatur der Parteien nach § 126a BGB abgewichen werden, wovon jedoch in der Praxis kaum Gebrauch gemacht wird. Verstöße gegen die Schriftform, auch bei einfachen Vertragsänderungen, haben bislang weitreichende Folgen. Änderungen wesentlicher Vertragsbestandteile, wie z. B. des Vertragsgegenstandes, der Vertragsparteien, des Mietzinses und der Vertragsdauer, sind unter Beachtung der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien der Bezugnahme auf den ursprünglichen Mietvertrag vorzunehmen. Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl weiterer schriftformbedürftiger Regelungsbereiche, die Potenzial für Verstöße gegen die gesetzliche Schriftform in der von der Rechtsprechung entwickelten Form bieten. Verstößt der Vertrag gegen die gesetzliche Schriftform – in der Regel durch eine nicht schriftformgerechte nachträgliche Änderung oder durch einen vertragsimmanenten Widerspruch – so gilt er als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Damit entfällt der Ausschluss der ordentlichen Kündigung ebenso wie die zum Teil sehr langen Laufzeiten von Gewerbemietverträgen. In diesem Fall kann das Mietverhältnis unabhängig von der ursprünglich vereinbarten Laufzeit von beiden Parteien unter Einhaltung der jeweiligen gesetzlichen Fristen gemäß § 580a BGB vorzeitig gekündigt werden, frühestens jedoch ein Jahr nach Mietbeginn. Diese Strenge beruht auf dem Schutz des neuen Vermieters, der nach § 566 BGB durch den Eigentumswechsel in das Mietverhältnis eintritt. Der Erwerber tritt anstelle des bisherigen Eigentümers und Vermieters in das bestehende Mietverhältnis mit allen Vereinbarungen der bisherigen Vertragsparteien ein. Grund für die Schriftform ist also der Gedanke, dass der neue Vermieter in die Lage versetzt werden soll, alle wesentlichen Rechte und Pflichten unmittelbar aus dem Mietvertrag zu erkennen. Sind wesentliche Vereinbarungen des Mietvertrages nicht schriftlich niedergelegt, soll er das Mietverhältnis vorzeitig kündigen können, um sich vor ungewollten langfristigen Bindungen zu schützen. Es ist jedoch anerkannt, dass die Kündigungsmöglichkeit nicht nur dem Erwerber, sondern auch den ursprünglichen Vertragsparteien zusteht, was den Anwendungsbereich der sogenannten Schriftformkündigung erheblich erweitert. Vor dem Hintergrund, dass die Mietvertragsparteien gerade im Hinblick auf die lange Laufzeit eines Mietvertrages zum Teil erhebliche Investitionen in das Mietobjekt und die damit verbundene Nutzung tätigen (z. B. umfangreicher Ausbau im Einzelhandel zu einem „Flagship-Store“) und gerade der Bestand eines langfristigen Mietvertrages entscheidend für die Finanzierung des Erwerbs sein kann, stellt die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit ein erhebliches Risiko dar. II. Neufassung Diese Nachweisfunktion der gesetzlichen Schriftform soll nun durch die einfache Textform gewährleistet werden. Hiernach muss lediglich eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist dabei jedes Medium, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben. Es ist damit also nicht mehr notwendig, dass die Parteien dieselbe Vertragsurkunde eigenhändig unterschreiben. Vielmehr kann der Mietvertrag in Textform auch aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt werden. Damit wird die Nutzung von rein elektronischen Vertragsmedien wie PDF und E-Mail möglich. Die Lösungsmöglichkeit bei Verstoß gegen die dann geltende Textform bleibt jedoch grundsätzlich erhalten, da ein nicht der Textform entsprechender Gewerberaummietvertrag wie bisher als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt und mit gesetzlicher Frist gekündigt werden kann. III. Kritik Hintergrund der beschlossenen Änderung ist, dass das Schriftformerfordernis für Mietverträge seit geraumer Zeit in der Kritik steht. Kritisiert werden zum einen die hohen formalistischen Anforderungen an den Abschluss und die Änderung von Verträgen sowie die damit verbundenen Kosten für Berater. Zum anderen hat die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit bei Schriftformverstößen, die nicht auf den Erwerbsfall beschränkt ist, in der Beratungspraxis teilweise dazu geführt, dass Schriftformmängel von einer Partei geradezu "gesucht" und zu Verhandlungszwecken eingesetzt werden. Dies kann zu erheblichen Störungen des Mietverhältnisses führen. IV. Rezeption Die Lockerung der Formvorschriften bei der Geschäftsraummiete soll mehrere Vorteile bringen. So sollen die formalen Hürden für den Abschluss und die Änderung langfristiger Mietverträge gesenkt und das Verfahren insgesamt vereinfacht und beschleunigt werden. Die eigenhändige Unterschrift beider Parteien auf derselben Vertragsurkunde ist nicht mehr erforderlich. Elektronische Vertragsabschlüsse über E-Mail oder Messenger-Dienste werden problemlos möglich. Bisher bestehende Kündigungsrisiken aufgrund von Schriftformmängeln im Mietvertrag entfallen nach Ablauf der einjährigen Übergangsfrist, was die Verhandlungsmacht in so manchem Mietvertrag neu verteilen dürfte. Das neue Textformerfordernis hat aber auch nicht unerhebliche Nachteile. Wie dargestellt, besteht auch unter der neuen Form eine über den Erwerbsfall hinaus anwendbare Lösungsmöglichkeit bei Verletzung der gesetzlichen Form. Die Kündigung wegen Formverstoßes wird daher das Mittel der Wahl bleiben, um während der Laufzeit des Mietvertrages die eigene Verhandlungsposition durchzusetzen und sich von einem lästig gewordenen Mietverhältnis zu lösen. Die bisherige Schriftform gibt den Käufern von Gewerbeimmobilien Sicherheit über alle bestehenden Vereinbarungen zum Kaufobjekt. Werden künftig Änderungen per E-Mail oder Messenger wirksam, besteht für den Erwerber das Risiko, an unbekannte Vertragsinhalte gebunden zu sein. Die mit der bloßen Textform verbundene Gefahr der Unklarheit über den Vertragsinhalt, insbesondere nach Vertragsänderungen durch die Parteien, besteht umso mehr, als nach längerer E-Mail-Korrespondenz mühsam ausgehandelte Details verloren gehen können, wenn sie nicht mehr in einer Urkunde zusammengefasst werden oder zumindest hinreichend deutlich auf diese Bezug genommen wird. Zudem schwächt die Formerleichterung die neben der Nachweisfunktion gegenüber dem Erwerber bestehende Beweisfunktion der Schriftform. Denn einer lediglich in Textform abgefassten Vertragsurkunde dürfte nicht derselbe Beweiswert zukommen wie einer einheitlichen, der strengen Schriftform genügenden und von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Vertragsurkunde. Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde gilt gerade nicht für einen Mietvertrag, der aus einer Vielzahl von Dokumenten bestehen kann. Nachteilig dürfte sich das Textformerfordernis auch auf den Umfang einer im Erwerbsfall durchzuführenden Due Diligence auswirken. Es dürfte nunmehr stets die gesamte Kommunikation der Vertragsparteien zum Mietvertrag zu prüfen sein, um das Risiko zu minimieren, dass durch übereinstimmende Willenserklärungen in aufeinander bezogenen E-Mails ein unbekannter Nachtrag zustande gekommen ist. Es bleibt daher abzuwarten, ob die wenigen Vorteile der Einführung der Textform in der Praxis tatsächlich überwiegen oder ob sich eine vertraglich vereinbarte qualifizierte Schriftform in Anknüpfung an die bisherige Praxis durchsetzen wird. Das aus den vorgenannten Unsicherheiten resultierende Bestreben der Parteien, diese insbesondere bei Großprojekten durch vertragliche Vereinbarung der Schriftform zu vermeiden, dürfte die mit der Gesetzesänderung verfolgten Reformbestrebungen jedoch insgesamt konterkarieren. V. Handlungsempfehlungen Die Parteien eines gewerblichen Bestandsmietvertrages sollten unter Berücksichtigung der vorgenannten Vor- und Nachteile zunächst für sich abwägen, ob sie an der strengen Schriftform festhalten oder die neue Textform wählen wollen. Für den Fall, dass sich die Parteien für die Beibehaltung der Schriftform entscheiden, ist der Mietvertrag sodann durch einen schriftformgerechten Nachtrag entsprechend zu modifizieren, indem die Anwendbarkeit des § 578 Abs. 1 n.F. individualvertraglich ausgeschlossen und die Beibehaltung der gesetzlichen Schriftform vereinbart wird. Wählen die Parteien die Textform, so sind zwingend Vertragsmanagementprozesse einzurichten und vertraglich zu verankern, die sicherstellen, dass der Vertragsinhalt auch nach Änderungen durch textformkonforme Nachträge jederzeit eindeutig bestimmbar ist. In diesem Zusammenhang sollten die Parteien zwingend vertraglich regeln, dass der Abschluss von Nachträgen nur in einem einheitlichen, der Textform genügenden und von beiden Parteien elektronisch signierten Dokument erfolgt. Der Austausch von Nachtragsentwürfen sollte dabei stets unter dem Vorbehalt des Abschlusses einer solchen Urkunde erfolgen, um den Vertrag nicht bereits durch erste Entwürfe zu ändern. Hinsichtlich bereits bestehender Schriftformverstöße gilt für bestehende Mietverträge eine Übergangsfrist von zwölf Monaten bis zum Ablauf des 31.12.2025. Bis dahin können Mietverträge wegen Schriftformverstößen nach §§ 550 i.V.m. 578 Abs. 1, 2 BGB a.F. noch mit gesetzlicher Frist gekündigt werden (§ 580a BGB). Wann ein zur Kündigung berechtigender Schriftformverstoß vorliegt, ist aber angesichts der hierzu ergangenen umfangreichen Rechtsprechung nicht immer einfach zu bestimmen und kann im Einzelfall erheblichen Beratungsbedarf auslösen. Gerade bei bestehenden Mietverhältnissen sollte daher die Übergangszeit bis zum Jahreswechsel 2025/2026 dringend zur „Neugestaltung“ des eigenen Mietverhältnisses genutzt und hierzu anwaltlicher Rat eingeholt werden. Sie möchten mehr dazu erfahren und sich mit uns in Verbindung setzen? Dann füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus.
von Dr. Barbara Anzellotti 22. Oktober 2024
in Köln, Dienstag, 12.11.2024 Beginn: 19:00 Uhr. LEPEL & LEPEL, Niehler Straße 104, Aufgang A, 50733 Köln. Ob als professioneller Immobilieninvestor oder als privater Vermögensanleger – das aktuelle Investitionsumfeld stellt alle Marktteilnehmer vor vergleichbare Herausforderungen. Wir laden Sie ein, gemeinsam mit uns wertvolle Erfahrungen auszutauschen, um Immobilien effizient weiterzuentwickeln und optimal auf die Herausforderungen der Branche vorbereitet zu sein. Unsere Themen: GbR GmbH Familien KG Stiftung Genossenschaft Es erwarten Sie Einblicke aus der Praxis mit unterschiedlichen Perspektiven, präsentiert von: Annette Leidenfrost, Geschäftsführerin LP Investment Partners Annette Leidenfrost ist seit über 30 Jahren in der Immobilienbranche tätig. Ihre zentralen Themen sind Vermögensaufbau mit Immobilien und Beteiligungen, Investmentstrategien u.v.m. Im Anschluss freuen wir uns, mit Ihnen den Abend mit einem Glas Wein ausklingen zu lassen. Bitte teilen Sie uns bis zum 05.11.2024 mit, ob Sie an der Veranstaltung teilnehmen möchten. Wir freuen uns über Ihre Rückmeldung an folgende E-Mail-Adresse: immobilien@pelkapartner.de
von Anika Brunk, Sylke Meier & Di Wu 21. Oktober 2024
Die Einführung der elektronischen Rechnungen (im Folgenden auch „E-Rechnung“ genannt) für alle B2B-Umsätze wird ab dem kommenden Jahr von Relevanz sein. Ein im Inland ansässiger Unternehmer wird verpflichtet, für im Inland steuerbare Leistungen (die nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerbefreit sind) eine E-Rechnung auszustellen, wenn auch der Rechnungsempfänger im Inland ansässig ist (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 UStG-E). Aufbauend auf unserem Beitrag aus März dieses Jahres möchten wir Ihnen in diesem Artikel einen Überblick über die geplanten Änderungen geben. I. Gesetzlicher Zeitplan Ab 01.01.2025: Einführung der E-Rechnung als Standardformat bei inländischen B2B-Umsätzen. Jedes Unternehmen muss (vorbehaltlich der nachfolgenden Übergangsregelungen) B2B-E-Rechnungen versenden. Technische Voraussetzungen für den E-Rechnungsempfang müssen sichergestellt sein. Bis 01.01.2027: Papierrechnungen und, mit Zustimmung des Rechnungsempfängers, andere sonstige Rechnungen (z.B. PDF, EDI-Rechnungen) dürfen unabhängig vom Unternehmensumsatz noch versendet werden. Bis 01.01.2028: Papierrechnungen und, mit Zustimmung des Rechnungsempfängers, andere sonstige Rechnungen (z.B. PDF, EDI-Rechnungen) dürfen nur noch von Unternehmen mit einem Vorjahresumsatz von ≤ 800 T€ versendet werden. A b 01.01.2028: E-Rechnungspflicht für alle inländischen B2B-Umsätze. EDI-Systeme müssen an gesetzliche Bestimmungen angepasst sein. II. Empfang von E-Rechnungen (ab 01.01.2025) Einrichtung des E-Rechnungseingangs: Legen Sie eine zentrale E-Mail-Adresse an, über die Rechnungen empfangen werden sollen. Dies gilt bspw. auch für Kleinunternehmer und im Rahmen der Wohnungsvermietung. Informieren Sie Ihre Vertragspartner über diese neue Rechnungsadresse und die Umstellung auf den E-Rechnungsempfang. Erteilen Sie ggf. Ihre Einwilligung, sonstige Rechnungen bis zum Ablauf der Übergangsregelungen zu empfangen. Überprüfen Sie, dass keine Rechnungen im Spam-Ordner landen. Praxisempfehlung: Das automatisierte Einlesen der Rechnungsdaten von E-Rechnungen in das Buchführungssystem sollte eingerichtet werden. Bei der Verarbeitung der empfangenen E-Rechnungen in DATEV unterstützen wir Sie gern! III. Erstellen von E-Rechnungen (spätestens ab 01.01.2027/01.01.2028) Vorbereitung der E-Rechnungsstellung: Holen Sie bei allen Kunden die E-Mail-Rechnungsadressen ein und hinterlegen Sie diese in den Debitorenstammdaten. Holen Sie die Zustimmung Ihrer Kunden für den Versand von PDF-Rechnungen ein, sofern Sie diese im Rahmen der Übergangsregelung noch nutzen werden. Stellen Sie sicher, dass Ihr Fakturierungsprogramm E-Rechnungen generieren kann. Bei DATEV unterstützen wir Sie gern! Praxisempfehlung: Denken Sie auch bei Dauerrechnungen an die künftige E-Rechnungspflicht! Bei der Umsetzung des Themas begleiten wir Sie gerne. Füllen hierzu unser Kontaktformular aus oder rufen Sie uns an .
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