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von Fabian Lünsmann und Natalie Lieven 26. März 2025
I. Einführung Anlässlich der Stagnation der deutschen Wirtschaft und insbesondere der Immobilienwirtschaft (hier insbesondere die anhaltende Flaute auf dem Transaktionsmarkt und die zu niedrige Zahl der Neubauten) gibt es derzeit genügend praktische Anlässe, sich mit den Regelungen und Handlungsmöglichkeiten im Falle der Insolvenz einer der Mietvertragsparteien zu befassen. Dieser Beitrag soll einen kurzen Überblick über die aus Sicht der Verfasser wichtigsten Themen geben und Handlungsmöglichkeiten zur Absicherung des Vertragsverhältnisses für den Fall der Insolvenz einer der Vertragsparteien aufzeigen. Die Ausführungen gelten dabei in gleichem Maße auch für Pachtverhältnisse, auf deren stete Erwähnung jedoch aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichtet wird. II. Insolvenzgründe und die Regelungen der InsO Das deutsche Recht kennt grundsätzlich drei Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (vgl. § 16 InsO). Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO, die vorliegt, wenn der Schuldner nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverbindlichkeiten zu erfüllen. Spezielle Eröffnungsgründe sind die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO sowie die Überschuldung nach § 19 InsO. Die drohende Zahlungsunfähigkeit kommt im Falle eines Eigenantrags des Schuldners als Eröffnungsgrund in Betracht und erfordert, dass der Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen. Bei einer juristischen Person kommt als weiterer Eröffnungsgrund die Überschuldung nach § 19 InsO in Betracht, die vorliegt, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler des betroffenen Unternehmens – im Folgenden aus Gründen der Einheitlichkeit der Betrachtung und wegen der überwiegenden Praxis stets eine juristische Person – ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag nach § 15a Abs. 1 InsO zu stellen. Grundsätzlich löst das Vorliegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit keine Antragspflicht aus. Häufig liegt aufgrund der Nähe der Tatbestandsvoraussetzungen im Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit einer juristischen Person jedoch ebenfalls der Insolvenztatbestand der Überschuldung vor, so dass die Frage nach der Antragspflicht obsolet wird. Die Rechtswirkungen der Insolvenz und damit die mietrechtlich relevanten Vorschriften der Insolvenzordnung gelten ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens infolge eines Insolvenzantrags. Der Antrag kann nach § 13 Abs. 1 InsO entweder von einem Gläubiger oder vom Schuldner selbst gestellt werden. Ein Tätigwerden von Amts wegen kommt nicht in Betracht. Die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrags ist dabei keine bloße Obliegenheit des Unternehmens und seiner Organe. Die Insolvenzverschleppung, also die verspätete – nicht unverzügliche – Stellung eines Insolvenzantrags, hat eine strafrechtliche und haftungsrechtliche Dimension für die Organe. Nach Stellung des Insolvenzantrags prüft das Insolvenzgericht das Vorliegen der Eröffnungsgründe, gegebenenfalls unter Zuhilfenahme eines vorläufigen Insolvenzverwalters, der je nach Entscheidung oder Ermächtigung des Insolvenzgerichts unterschiedliche Verfügungsbefugnisse über das Vermögen des Schuldners hat (vgl. hierzu Ziffer III.4.). Wurde vom insolventen Schuldner ein gewerblicher Mietvertrag über unbewegliche Gegenstände (namentlich also Grundstücke, wesentliche Grundstücksbestandteile und Gebäude, vgl. § 49 InsO) abgeschlossen, bleibt dieser nach der gesetzlichen Grundsatzentscheidung des § 108 InsO im Falle der Insolvenz einer Vertragspartei zunächst bestehen. Der Insolvenzverwalter tritt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an Stelle der insolventen Mietpartei in das Vertragsverhältnis ein (§ 80 Abs. 1 InsO). Voraussetzung ist jedoch, dass das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch fortbesteht; für bereits zuvor beendete Vertragsverhältnisse gilt § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht. Die Kernregelungen der Insolvenzordnung in Bezug auf den bereits zum Zeitpunkt der Insolvenz abgeschlossenen gewerblichen Mietvertrag finden sich im Folgenden in den §§ 108 bis 112 InsO. Hinsichtlich der Ansprüche aus einem Mietverhältnis ist zu unterscheiden, ob es sich bei den Forderungen um Insolvenzforderungen oder Masseforderungen handelt. 1. Insolvenzforderung Insolvenzforderungen sind Forderungen, die bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen (§ 38 InsO). Maßgeblicher Zeitpunkt ist demnach die Verfahrenseröffnung. Die Befriedigung erfolgt im Sinne der Gläubigergleichbehandlung in Form einer quotalen Befriedigung durch die Insolvenzmasse, soweit betroffene Gläubiger ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden (§§ 174 ff. InsO) und ausreichend Insolvenzmasse zur Verfügung steht. Damit ist klar, dass Insolvenzforderungen bereits ihrer Natur nach in der Regel weniger werthaltig sind als ihr Nennwert. Einem Vermieter können jedoch unter Umständen Absonderungsrechte aus Vermieterpfandrechten nach § 50 InsO zustehen, die ihm ermöglichen sich selbst vorzugsweise aus den Pfandgegenständen des insolventen Mieters zu befriedigen (vgl. dazu im Detail Ziffer III.3.). 2. Masseforderung Vorrangig - also vor den Insolvenzforderungen - sind die sogenannten Masseforderungen aus der Insolvenzmasse zu befriedigen. Masseverbindlichkeiten sind Verbindlichkeiten, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen. Dies sind neben den Kosten des Verfahrens und der Vergütung des Insolvenzverwalters insbesondere Verbindlichkeiten, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründet wurden, Forderungen aus gegenseitigen Verträgen, die nach Verfahrenseröffnung durch den Insolvenzverwalter in Anspruch genommen werden (vgl. § 55 Abs. 1 InsO) oder Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen wie Mietverträgen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Wirkung für die Insolvenzmasse fortbestehen. 3. Zeitliche Zäsur Der Unterscheidung, ob es sich bei einer Forderung aus dem Mietverhältnis um eine Insolvenzforderung oder eine Masseforderung handelt, kommt im Rahmen von Mietverhältnissen aufgrund des Fortbestehens des Vertragsverhältnisses mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine besondere Bedeutung zu. Maßgeblicher Referenzzeitpunkt ist dabei wie erläutert die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss des Insolvenzgerichts unter Nennung des exakten Zeitpunkts der Eröffnung. Ansprüche aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind demnach bloße Insolvenzforderungen und keine Masseforderungen. Hierzu zählen beispielhaft Bodenkontaminationen, durch den Mieter verursachte Schäden am Mietgegenstand, der Anspruch auf insolvenzfeste Anlage der Mietsicherheit des Mieters sowie der Räumungsanspruch des Vermieters. Ansprüche, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen, sei es durch Handlungen des Verwalters in Abhängigkeit seiner Befugnisse oder durch bloßen Zeitablauf wie bei der Miete und den Nebenkosten (i.d.R. Fälligkeit zum dritten Werktag eines Monats), sind Masseforderungen. Für die diesbezügliche Einordnung der Nebenkosten ist insoweit ihr Entstehungszeitpunkt maßgeblich, nicht der Zeitpunkt der tatsächlichen Abrechnung. 4. Wirkung der Stellung des vorläufigen Insolvenzverwalters Eine Ausnahme von der zeitlichen Zäsur bei der Betrachtung der Qualität einer Forderung aus einem Mietverhältnis bildet die Ausgestaltung der Stellung des vorläufigen Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht. Grundsätzlich wird in der Praxis zwischen einem so genannten „starken“ und einem „schwachen“ Verwalter unterschieden, was jeweils von der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verwalters über das Vermögen des Schuldners vor Verfahrenseröffnung abhängt. Die von einem verwaltungs- und verfügungsbefugten vorläufigen Insolvenzverwalter begründeten Mietverbindlichkeiten gelten nach Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten, soweit der Verwalter die entsprechende Gegenleistung aus dem von ihm verwalteten Vermögen vereinnahmt hat (§ 55 Abs. 2 InsO). Dies setzt voraus, dass der vorläufige Insolvenzverwalter die dem Schuldner bereits überlassene Mietsache in Besitz nimmt und in einer Weise nutzt, die dem verwalteten Vermögen tatsächlich zugutekommt. Insoweit geht § 55 Abs. 2 InsO der grundsätzlich maßgeblichen zeitlichen Zäsur des § 108 Abs. 3 InsO vor. III. Mieterinsolvenz 1. Beendigungsmöglichkeiten Im Fall der Insolvenz des Mieters hat bezüglich der Beendigungsmöglichkeiten des Vertragsverhältnisses für beide Parteien eine zeitliche Differenzierung zu erfolgen. a. Vor Überlassung des Mietgegenstandes Liegt der Insolvenzzeitpunkt vor der Überlassung des Mietgegenstandes an den Mieter, also regelmäßig vor der Übergabe, so können sowohl der Vermieter als auch der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Mieters vom Mietvertrag gemäß § 109 Abs. 2 Satz 1 InsO zurücktreten. Für den Fall, dass der Insolvenzverwalter des Mieters von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht, steht dem Vermieter als Insolvenzgläubiger ein Schadensersatzanspruch zu. Dieser Anspruch ist aufgrund der gesetzlichen Anordnung aus § 109 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Insolvenzforderung. Dabei hat jede Partei das Recht, die jeweils andere zur Erklärung aufzufordern, ob sie von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch machen wird. In diesem Fall ist der Rücktritt durch die aufgeforderte Partei innerhalb von zwei Wochen zu erklären. Anderenfalls entfällt das Rücktrittsrecht. Das Rücktrittsrecht entfällt weiterhin, wenn der Mietgegenstand übergeben wird. b. Kündigungsrecht des Verwalters Wurde der Mietgegenstand dem Mieter bereits überlassen und tritt erst danach die Insolvenz des Mieters ein, so besteht das Mietverhältnis nach § 108 Abs. 1 InsO grundsätzlich fort. Forderungen aus dem Mietverhältnis werden in gegenseitigem Leistungsaustausch aus der Insolvenzmasse befriedigt (Ziffer II.2.). Zur Schonung der Masse steht dem Insolvenzverwalter des Mieters gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO jedoch ein einseitiges Kündigungsrecht zu. Dieses Kündigungsrecht durchbricht dabei die Abreden der Mietvertragsparteien in Bezug auf die ggf. feste Laufzeit des Mietvertrags und den etwaigen Ausschluss der Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung. Das Kündigungsrecht des Insolvenzverwalters (nicht aber des nur vorläufig bestellten Verwalters) ist mit einer Frist von vollen drei Monaten zum Monatsende auszuüben, sofern nicht eine kürzere vertragliche Frist eingreift. Dabei kann die Kündigung während des gesamten Insolvenzverfahrens erklärt werden und ist nur durch den Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben zeitlich beschränkt. Der Umstand, dass der Insolvenzverwalter des Mieters das Kündigungsrecht erst Jahre nach dem Insolvenzantrag ausübt, reicht für den Wegfall des Kündigungsrechts an sich wohl nicht aus, was dieses Gestaltungsrecht für den Vermieter besonders einschneidend macht. Auch hier steht dem Vermieter im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses durch den Insolvenzverwalter ein Schadensersatzanspruch zu, der jedoch ebenso wie im Falle des Rücktritts (Ziffer III.1.) eine Insolvenzforderung darstellt. c. Untermietverhältnis des Mieters Wenn der insolvente Mieter das Mietobjekt an einen Dritten untervermietet hat, besteht sowohl das Hauptmietverhältnis als auch der Untermietvertrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO fort. Jedoch steht dem Insolvenzverwalter des Untervermieters gegenüber dem Untermieter kein Sonderkündigungsrecht zu. Gemäß § 109 Abs. 1 InsO kann er nur das Hauptmietverhältnis kündigen. Er ist nur in diesem Verhältnis Mieter. Im Anschluss an eine insolvenzbedingte Kündigung kann der Insolvenzverwalter des Untervermieters den Anspruch des Untermieters auf Überlassung des Mietobjekts jedoch nicht mehr erfüllen. Der dadurch auftretende rechtliche Mangel (§ 536 Abs. 3 BGB) im Untermietverhältnis entsteht erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und ist auf eine Handlung des Insolvenzverwalters zurückzuführen. Der daraus resultierende Schadensersatzanspruch des Untermieters gegen den Untervermieter gemäß §§ 536a, 536 Abs. 3 BGB und der Rückgabeanspruch des Vermieters aus dem Hauptmietverhältnis aus § 546 Abs. 2 BGB stellen daher Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 dar, soweit das Untermietverhältnis einem gewerblichen Zweck dient und § 565 BGB dementsprechend keine Anwendung findet. Mangels Beendigung des Untermietverhältnisses durch Kündigung des Hauptmietverhältnisses (s.o.) sind die § 109 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 2 InsO in diesem Verhältnis nicht anwendbar. d. Mehrere Mieter Entgegen des Wortlautes des § 109 Abs. 1 InsO beendet die Kündigung des Insolvenzverwalters im Fall der Insolvenz eines von mehreren Mietern das Mietverhältnis nach herrschender Meinung insgesamt und nicht nur im Verhältnis zwischen dem insolventen Mieter und dem Vermieter. Der BGH (BGH, Urt. v. 13.03.2013 - XII ZR 34/12) begründet dies zum einen mit dem Schutzzweck der Kündigungsvorschrift, die die Insolvenzmasse vor dem Anwachsen von weiteren, nicht wirtschaftlichen Verbindlichkeiten aus dem Mietverhältnis schützen soll; zum anderen mit dem allgemeinen Bedürfnis nach Rechtssicherheit. Nach Ansicht des BGH hänge die Kündigungswirkung anderenfalls davon ab, ob die weiteren Mieter den Mietvertrag nur zu dem Zweck abgeschlossen haben, dass dem Vermieter eine Mehrzahl von Gläubigern zu Verfügung steht, oder ob sie ein eigenes Nutzungsinteresse an der Mietsache verfolgen. Der BGH folgert dies aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses und der Unteilbarkeit der Verpflichtung des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung an mehrere Mieter. Grundsätzlich können Gestaltungsrechte wie die Kündigung nur einheitlich gegenüber allen Parteien eines Vertrags ausgeübt werden. Eine Teilkündigung ist grundsätzlich nicht möglich. Durch den Abschluss des Mietvertrags mit mehreren Mietern besteht nur ein einheitliches Rechtsverhältnis und kein Rechtverhältnis mit jedem Mieter. e. Kein Kündigungsrecht des Vermieters Anders als der für den Mieter handelnde Verwalter ist der Vermieter nach Antragstellung an den in Vollzug gesetzten Mietvertrag gebunden. Ihm steht nach § 112 InsO weder ein Kündigungsrecht wegen Zahlungsverzugs aus der Zeit vor dem Insolvenzantrag des Mieters, wegen dauernder unpünktlicher Mietzahlungen oder wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Mieters noch ein Sonderkündigungsrecht wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu. Dem Verwalter und damit der Masse soll nicht ohne Not die Handlungsbasis für die wirtschaftliche Tätigkeit des Mieters entzogen werden, da diese in der Regel zur Fortführung des Unternehmens essenziell ist. Die Sperrwirkung des § 112 InsO knüpft an den Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung an, genauer gesagt an den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags beim Insolvenzgericht. Kündigungen des Vermieters, die in diese Kündigungssperre fallen, sind unwirksam, wenn sie dem Mieter oder seinem Verwalter erst nach Eingang des Antrags bei Gericht zugehen. Die Sperrwirkung besteht solange der Insolvenzbeschlag des Vermögens besteht. Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt oder der Antrag zurückgenommen, greifen die bei Antragstellung bestehenden und fortbestehenden Kündigungsgründe des Vermieters wieder voll durch. Eine unwirksame Kündigung ist jedoch erneut zu erklären. Zu beachten ist ferner, dass Mietrückstände des Mieters in der Zeit nach Stellung des Eröffnungsantrags nicht der Sperrwirkung des § 112 InsO unterfallen. Zahlt der Verwalter die Miete also nicht oder nicht vollständig, kann dies den Vermieter auch während der Insolvenz des Mieters zur Kündigung berechtigen. 2. Forderungen des Vermieters Mietforderungen des Vermieters aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind zur Insolvenztabelle anzumelden (§ 108 Abs. 3 InsO). Dagegen ist die Mietforderung, die auf den Monat der Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst entfällt, ab der Eröffnung anteilig eine Masseverbindlichkeit, wenn der Mietvertrag nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 108 Abs. 1 InsO fortbesteht. Die fortlaufenden Mieten sind ebenfalls Masseverbindlichkeiten (§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO). Der Vermieter kann sich wegen dieser offenen Forderungen nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen und der Insolvenzmasse den Gebrauch der Mietsache entziehen. Eine vom Mieter vor Einleitung des Verfahrens geleistete Kaution kann der Vermieter als Sicherheit behalten. Wird der Rückzahlungsanspruch fällig, so kann er im Rahmen seiner Abrechnung mit allen ihm zustehenden Gegenforderungen aufrechnen. Ein Aufrechnungsverbot besteht insoweit nicht (§ 94 InsO). 3. Vermieterpfandrecht In der Praxis spielt das Vermieterpfandrecht eine herausragende Rolle. Es gewährt dem Vermieter gemäß § 50 Abs. 1 InsO ein Absonderungsrecht an den Sachen des Mieters, die dieser im Rahmen des Mietverhältnisses in die Mieträume eingebracht hat, und ermöglicht so eine vorrangige Befriedigung der Vermieterforderungen gegenüber anderen Insolvenzgläubigern. Der Vermieter muss das Absonderungsrecht jedoch aktiv gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen, da dieser nicht verpflichtet ist, den Vermieter zu befriedigen. Der Vermieter darf dann, sofern der Verwalter ihm die Sachen des Mieters überlässt (§ 170 Abs. 2 InsO), selbst verwerten als auch dem Verwalter die Verwertung überlassen, wobei er den Erlös in Höhe seiner offenen Forderungen einziehen darf (§ 170 Abs. I InsO). Das Absonderungsrecht des Vermieters aus dem Vermieterpfandrecht ist auf Mietrückstände beschränkt, die in den letzten zwölf Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Vergangenheitsbetrachtung ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die erstmalige Geltendmachung des Vermieterpfandrechts für künftige Mieten. Ältere Rückstände und Ersatzansprüche wegen einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter sind nicht durch das Absonderungsrecht gesichert, sondern bloße Insolvenzforderungen (§ 50 Abs. 2 InsO). IV. Vermieterinsolvenz 1. Fortbestand des Mietverhältnisses Wie bereits zuvor dargestellt (Ziffer III.1.a.), bleibt auch im Fall der Insolvenz des Vermieters das Mietverhältnis grundsätzlich bestehen, sofern der Mietgegenstand bereits an den Mieter übergeben wurde. Miet- und Pachtverhältnisse über unbewegliche Gegenstände und Räume bestehen gemäß § 108 Abs. 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Fallen Eigentümer und Vermieter auseinander, wie bei der Untervermietung oder bei einem Generalmieter, ist hinsichtlich der Ermächtigung des Vermieters zur Vermietung zu differenzieren. Hat der Eigentümer den Vermieter ermächtigt, wie ein Eigentümer zu vermieten (Generalmieter), so bezieht sich der Fortbestand des Mietvertrags auf die Mietsache selbst. Damit wird ein unmittelbares Zugriffsrecht begründet. Ist der insolvente Vermieter gegenüber dem Eigentümer nur zur Untervermietung berechtigt, bezieht sich der Schutz des § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO nur auf das schuldrechtliche Nutzungsrecht (Mietvertrag) der Insolvenzmasse gegenüber dem Eigentümer und endet mit diesem. Etwas anderes gilt jedoch nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 11.12.2014 – IX ZR 87/14), wenn der Mietgegenstand im Zeitpunkt der Insolvenz noch nicht an den Mieter überlassen worden ist, da der Insolvenzverwalter ansonsten gezwungen sein könnte, unfertige Räume fertigzustellen, um Schadensersatzansprüchen als Masseverbindlichkeiten zu entgehen. In diesem Fall gilt ausnahmsweise § 103 InsO, sodass der Insolvenzverwalter zwar die Erfüllung des Mietvertrags wählen kann, aber nicht muss. Andernfalls würde nämlich das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO hinsichtlich der übrigen Verträge unterlaufen. Der Insolvenzverwalter wäre gegebenenfalls gezwungen, auch unrentable Objekte fertigzustellen und würde hierdurch die Insolvenzmasse schmälern. Anders als im Falle der Mieterinsolvenz (vgl. Ziffer III.1.a. und III.1.b.) hat der Insolvenzverwalter im Falle der Vermieterinsolvenz zudem kein Rücktrittsrecht vor Überlassung (vgl. § 109 Abs. 2 Satz 1 InsO) bzw. ein Sonderkündigungsrecht nach Überlassung des Mietgegenstands (vgl. § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO). Der Verwalter des Vermieters ist damit an das Mietverhältnis gebunden und muss den Mietvertrag gegen Leistung der Miete erfüllen. Gleiches gilt in diesem Fall auch für den Mieter, der sich in Folge der Insolvenz des Vermieters nicht von dem Mietvertrag lösen kann. Dies gilt auch dann, wenn die Eröffnung des Mietvertrags mangels Masse abgelehnt wird. Mit dem Mietverhältnis bestehen auch alle vertraglichen und gesetzlichen Pflichten des Vermieters weiter. Insbesondere hat der Vermieter die Erhaltung des Mietgegenstandes zu besorgen, soweit er diese nicht auf den Mieter übertragen hat. Der Herstellungsanspruch des Mieters gegen den Vermieter gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB ist damit grundsätzlich eine Masseforderung nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. 2. Vorausverfügungen über die Miete und Aufrechnung des Mieters In der Insolvenz des Vermieters ist eine Vorausverfügung über künftige Mieten nach § 91 Abs. 1 InsO grundsätzlich unwirksam und daher nur in den Grenzen des § 110 InsO möglich. Die Vorausverfügung ist dann nur für den laufenden Kalendermonat wirksam, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Wird das Verfahren nach dem 15. des Monats eröffnet, wirkt die Vorausverfügung auch für den folgenden Monat. Zu den Verfügungen gehört auch die Abtretung oder die Pfändung der Miete durch einen Dritten. Gegenüber dem Vermieter kann der Mieter gemäß § 110 Abs. 3 InsO nur in dem zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Kalendermonat aufrechnen, wobei die Aufrechnungsbeschränkungen im Insolvenzverfahren zu beachten sind. 3. Sonderkündigungsrecht im Fall der Veräußerung Für den Fall, dass der Verwalter den im Alleineigentum des insolventen Vermieters stehenden Mietgegenstand veräußert und das Mietverhältnis gemäß § 566 BGB auf den Erwerber übergeht, steht diesem gemäß § 111 InsO ein Sonderkündigungsrecht zu, mit dem er das Mietverhältnis trotz einer festen Laufzeit oder dem Ausschluss der ordentlichen Kündigung beenden kann. Das Kündigungsrecht kann nur einmalig und zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Eigentumsumschreibung mit gesetzlicher Frist durch den Erwerber ausgeübt werden. Aus Sicht des Erwerbers und des Mieters ist bei der Beendigung des Mietverhältnisses nach dem Erwerb aus der Insolvenzmasse zu beachten, dass der Kautionsrückzahlungsanspruch des Mieters nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 07.03.2012 − XII ZR 13/10) gemäß §§ 566a, 578 BGB gegenüber dem Erwerber geltend gemacht werden kann, auch wenn der nunmehr insolvente Vermieter die Kaution nicht getrennt von seinem Vermögen angelegt hat. Dies stellt eine Privilegierung des Mieters als Folge des Sonderkündigungsrechts des Erwerbers dar. Denn ohne die Abtretung wäre der Rückzahlungsanspruch nur eine einfache Insolvenzforderung. V. Praxishinweise In der Praxis ist es nicht immer einfach, sich gegen die Insolvenz des Vertragspartners abzusichern. Dies liegt zum einen daran, dass die Thematisierung einer möglichen Insolvenz bereits in der Anbahnungsphase eines gewerblichen Mietvertrages und damit in der Regel einer langjährigen Geschäftsbeziehung ungewollte Widerstände bei den Vertragsparteien auslösen und die noch in den Kinderschuhen steckende Geschäftsbeziehung atmosphärisch belasten kann. Zum anderen erschwert das Gesetz insbesondere aus Vermietersicht die effektive Abwehr der Folgen einer Insolvenz und die Durchsetzung eigener Vermieterrechte. Umso wichtiger ist es, bereits bei Abschluss des Mietvertrages für schlechte Zeiten vorzusorgen. Dabei sollten folgende Überlegungen in die Vertragsverhandlungen und die anschließende Vertragsgestaltung einfließen. 1. Prüfung der Kreditwürdigkeit des Vertragspartners Vor Abschluss eines Mietvertrages sollten bei Zweifeln an der Bonität des Vertragspartners entsprechende Auskünfte eingeholt werden. In der Praxis eignen sich hierfür insbesondere Dienstleister wie die Schufa-Auskunft oder Creditreform. Bei Neugründung des Vertragspartners oder erstmaligem Markteintritt ist eine Bankauskunft über die Liquidität des Vertragspartners einzuholen. 2. Mietsicherheiten Wegen der Unwägbarkeiten, die mit der Insolvenz des anderen Vertragspartners verbunden sind, sollten sich die Vertragsparteien gegenseitig bereits zu Beginn des Mietverhältnisses Sicherheiten einräumen lassen. a. Sicherung des Vermieters Aus Vermietersicht kommt hier insbesondere die Stellung einer Mietsicherheit durch den Mieter oder Dritte in Betracht, aus der sich der Vermieter im günstigsten Fall bereits während des laufenden Mietverhältnisses befriedigen kann. Neben der klassischen Mietkaution kommen Sicherungsmittel wie eine Bankbürgschaft oder ein Patronat der Muttergesellschaft des Mieters in der Praxis am häufigsten zum Einsatz. Die rechtssichere Ausgestaltung einer Mietsicherheit und die Möglichkeit der Befriedigung des Vermieters bereits während der Laufzeit des Mietvertrages stehen dem grundsätzlichen Sicherungscharakter der Mietsicherheit, der eine Befriedigung vor Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich ausschließt, entgegen und bedürfen in der Praxis regelmäßig der anwaltlichen Beratung. b. Sicherung des Mieters Der Mieter, der nicht unerhebliche Investitionen in den Mietgegenstand und damit in das Mietverhältnis tätigt, sollte ebenso wie der Vermieter seinem Sicherungsbedürfnis nachkommen. Wie oben dargestellt, kann sich der Erwerber, der den Mietgegenstand aus der Insolvenzmasse des Vermieters erwirbt, durch Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 111 InsO eines unliebsamen Mietverhältnisses entledigen. Schutz vor dieser vorzeitigen Beendigung und dem damit verbundenen Verlust der Aufwendungen des Mieters bietet eine im Grundbuch des Mietgegenstandes einzutragende Mieterdienstbarkeit (§§ 1090 ff. BGB), die dem Mieter das dingliche Recht einräumt, den Mietgegenstand ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses infolge der Ausübung des Sonderkündigungsrechts durch den Erwerber in der Regel entsprechend den Vereinbarungen des Mietvertrages zu nutzen. Der Erwerber bzw. Ersteher steht in diesem Fall allerdings nicht mit leeren Händen da. Er hat Anspruch auf die volle Miete bzw. das volle Nutzungsentgelt. Letzteres tritt – soweit zwischen Mieter und Vermieter zuvor vereinbart – an die Stelle der Miete für den Fall des Wegfalls der mietvertraglichen Regelungen. Aus der Weiternutzung der Flächen durch den Mieter folgt dann kein materieller Nachteil für den Erwerber. Da eine solche Verdinglichung des Mietverhältnisses jedoch im Verlauf des Mietverhältnisses zu erheblichen Schwierigkeiten des Vermieters bei der Veräußerung oder Refinanzierung führen kann, dürften Vermieter mit der Einräumung solcher dinglicher Rechte in der Regel mehr als zurückhaltend sein. Ist die Mieterdienstbarkeit bereits an erster Rangstelle im Grundbuch eingetragen, wird die Realisierung einer (weiteren) Finanzierung für den Eigentümer schwierig. Eine solche Mieterdienstbarkeit stellt eine finanzierende Bank regelmäßig vor einige Probleme. Mögliche negative Auswirkungen zeigen sich beispielsweise bei einer Zwangsversteigerung des Grundstücks. Die Eintragung der Mieterdienstbarkeit an erster Rangstelle kann die Verkehrsfähigkeit des Grundstücks erheblich einschränken. Dies ist gleichbedeutend mit dem Risiko eines geringeren Versteigerungserlöses, das regelmäßig weder der Eigentümer noch die Bank eingehen wollen. Die Nachrangigkeit der Mieterdienstbarkeit gegenüber einem Grundpfandrecht wiederum ist für den Mieter nur auf den ersten Blick nachteilig. Wird der Zuschlag in der Zwangsversteigerung erteilt, erlischt die Mieterdienstbarkeit. Dennoch ist der Mieter dann nicht rechtlos: Aus dem Erlösanteil nach Befriedigung der vorrangigen Grundschuld ist ihm der Wert seines Rechts in Form einer Geldrente zu ersetzen. Das Zwangsversteigerungsgesetz begrenzt diesen Wertersatz auf höchstens das 25-fache des Jahreswertes des Rechts. Zu seiner Ermittlung werden im Einzelfall verschiedene Berechnungsmethoden herangezogen. Neben der Restlaufzeit des Mietvertrages kann auch der Reingewinn des Mieters ein wertbildender Faktor sein. Nur bei entsprechender Verhandlungsmacht dürfte sich der Mieter mit diesem Verhandlungspunkt durchsetzen können. Aus Vermietersicht ist dabei stets darauf zu achten, dass nur Mieterdienstbarkeit auf Basis des Musters der deutschen Pfandbriefbanken (VdP-Standard) vereinbart werden sollten, da dies den anerkannten Standard der Banken darstellt. 3. Insolvenzabhängige Lösungsklauseln Der vertragliche Ausschluss der Insolvenzwirkungen auf das Mietverhältnis ist jedenfalls schwierig, wenn nicht sogar vollständig unmöglich. Vereinbarungen der Mietvertragsparteien, durch die im Voraus die Anwendung der §§ 108 bis 112 InsO ausgeschlossen oder beschränkt werden, sind gemäß § 119 InsO unwirksam. Durch Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 27.10.2022 – IX ZR 213/21) ist anerkannt, dass vertragliche Vereinbarungen eines Kündigungsrechts für den Fall der Insolvenzeröffnung, welches entgegen der Wirkung des § 108 InsO einer Partei ein Lösungsrecht zuspricht, unwirksam sind. Ebenso ist nach dieser Rechtsprechung die Vereinbarung eines Kündigungsrechts für den Fall der Zahlungseinstellung wegen der damit verbundenen Abweichung von § 112 InsO unwirksam. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung aus wichtigem Grund wegen des Insolvenzverfahrens möglich bleibt, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt. § 119 InsO enthält vor dem Hintergrund der allgemeinen Vertragsfreiheit keine Aussage zu einer nur mittelbaren Beeinflussung der §§ 103-118 InsO. Die Unwirksamkeit einer entsprechenden Regelung bedarf daher zumindest der Begründung. Da der BGH jedoch davon ausgeht, dass Lösungsklauseln, die die gesetzgeberischen Wertungen der §§ 108 bis 112 InsO unterlaufen, unwirksam sind, wenn kein rechtfertigender Grund für die Loslösung der Partei vom Vertrag vorliegt, dürfte hier in der praktischen Umsetzung äußerste Vorsicht geboten sein. Jedenfalls dürfte aber ein vertragliches Kündigungsrecht für den Fall der Abweisung des Insolvenzantrags wirksam sein, da in diesem Fall die §§ 108 bis 112 InsO keine Anwendung finden. Umgekehrt scheint eine formularvertragliche Regelung für den Fall, dass der Verwalter eines unter mehreren Mietern das Mietverhältnis kündigt, möglich, da insoweit die Entscheidungsfreiheit des Verwalters zum Schutz der Masse nicht eingeschränkt wird. Die Mietvertragsparteien sollten also bei entsprechendem Interesse aller Vertragsparteien am Fortbestand des Mietverhältnisses auch ohne den insolventen Schuldner eine entsprechende mietvertragliche Regelung vorsehen, wonach das Mietverhältnis im Falle einer Kündigung nach § 109 Abs. 1 InsO mit den übrigen Mietern fortgesetzt werden soll. Fehlt eine solche Klausel, bleibt ihnen hingegen nur die Möglichkeit, den Mietvertrag neu abzuschließen. 4. Geltendmachung des Vermieterpfandrechts Sobald der Vermieter von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Kenntnis erlangt, sollte er sein Vermieterpfandrecht gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend machen. Dies gilt umso mehr, als das Vermieterpfandrecht innerhalb eines Monats erlischt, nachdem der Vermieter von der Entfernung der Sachen des Mieters aus dem Mietgegenstand Kenntnis erlangt hat, sofern er seinen Herausgabeanspruch nicht zuvor gerichtlich geltend gemacht hat. 5. Kündigung des Mietvertrags bei Mietzahlungsverzugs nach Antragstellung Die Kündigung sollte in diesem Fall nur ausgesprochen werden, wenn der Mietgegenstand alsbald nach Beendigung des Mietverhältnisses weitervermietet werden kann, da die infolge der vom Verwalter veranlassten Kündigung geschuldete Nutzungsentschädigung je nach Verfügungsbefugnis des Verwalters ggf. nur eine Insolvenzforderung darstellen kann. Andernfalls sollte ggf. in den direkten Austausch mit dem Insolvenzverwalter eingetreten werden, um die Mietzahlung sicherzustellen. Dies dürfte insbesondere gelingen, wenn die Geschäftsräume für die Fortführung des Geschäftsbetriebes benötigt werden. Soweit der Geschäftsbetrieb jedoch nicht fortgeführt wird, ist eine Kündigung wohl stets ratsam, da u.a. auch die Masseunzulänglichkeit angezeigt werden kann, so dass trotz der Einordnung der Mietforderungen als Masseverbindlichkeit keine Zahlung erfolgen kann. VI. Fazit Die Insolvenz einer Vertragspartei kann das Mietverhältnis trotz grundsätzlicher Insolvenzfestigkeit nach Überlassung des Mietgegenstandes an den Mieter erheblich beeinträchtigen. Die Insolvenzordnung enthält mit den §§ 108 ff. InsO einschneidende Regelungen zum Schicksal von Miet- und Pachtverhältnissen im Insolvenzverfahren, die zum Teil erhebliche Abweichungen vom zivilrechtlichen Mietrecht und zum Teil besondere Privilegierungen zugunsten der Insolvenzmasse darstellen. Dies hat insbesondere der Vermieter in der Insolvenz seines Mieters zu beachten, da etwaige Vereinbarungen, die die Anwendung der einschlägigen Normen ausschließen oder auch nur einschränken, bereits nach § 119 InsO ipso iure unwirksam sind. Die Parteien sind daher gut beraten, sich bereits bei Abschluss des Mietvertrages mit dieser Möglichkeit auseinanderzusetzen und sich nicht zuletzt wegen der dargestellten Schwierigkeiten bei der rechtssicheren Wahrung der eigenen Interessen anwaltlich beraten zu lassen. Sie möchten mehr dazu erfahren und sich mit uns in Verbindung setzen? Dann füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus.
von Lukas Kröger 12. März 2025
I. Einleitung Die gerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs kann viel Zeit in Anspruch nehmen. Dies dauert häufig zu lange, um effektiven Rechtsschutz gewährleisten zu können. Daher ist im Zivilprozessrecht das Vorgehen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes möglich. Dieses Verfahren ist ein vorläufiges Mittel zur Sicherung von Rechtspositionen oder Regelung von Streitigkeiten, ersetzt jedoch in der Regel nicht das Verfahren in der Hauptsache. II. Einstweiliger Rechtsschutz im Zivilprozess Die Zivilprozessordnung unterscheidet im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes in den §§ 916 ff. ZPO zwischen dem Arrest und der einstweiligen Verfügung. Während der Arrest der Sicherung einer Geldforderung dient, bezieht sich die einstweilige Verfügung auf die Sicherung anderer Ansprüche und wird in die Form der Sicherungs-, Regelungs- und Leistungsverfügung unterteilt. Dem Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird stattgegeben, wenn der Antragsteller sowohl einen Arrest- oder Verfügungsanspruch, also einen materiellen Anspruch auf die geltend gemachte Forderung oder das zu regelnde Rechtsverhältnis, als auch einen Arrest- oder Verfügungsgrund glaubhaft gemacht hat. Letzterer besteht bei der besonderen Dringlichkeit einer zeitnahen Entscheidung. Im einstweiligen Rechtsschutz genügt das Vorbringen im Wege der Glaubhaftmachung, also beispielsweise durch die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung. Die Entscheidung über den Antrag im einstweiligen Rechtsschutz darf grundsätzlich nicht zu einer Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache führen, wobei jedoch Ausnahmen möglich sind. III. Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht Auch im Gesellschaftsrecht kann es zu Streitigkeiten kommen, die ein schnelles Handeln im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erforderlich machen. Dies kann beispielsweise bei der Abberufung eines Geschäftsführers der Fall sein. Soll verhindert werden, dass der ehemalige Geschäftsführer trotz seiner Abberufung weiterhin Geschäftsführerbefugnisse ausübt, kann eine einstweilige Verfügung auf Untersagung der Ausübung bis zum rechtskräftigen Abschluss einer Entscheidung in der Hauptsache beantragt werden, um die Gesellschaft vor Schäden zu schützen. Umgekehrt kann sich ein Geschäftsführer, der schnellstmöglich gegen seine Abberufung oder die Kündigung seines Anstellungsvertrages vorgehen möchte, ebenfalls des vorläufigen Rechtsschutzes bedienen. Ebenso kann ein Vorgehen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geboten sein, wenn die Einziehung von Gesellschafteranteilen – und damit die Gefahr der Entwertung von Mitgliedschaftsrechten – droht. IV. Vorteile und Risiken des einstweiligen Rechtsschutzes Ein wesentlicher Vorteil des einstweiligen Rechtsschutzes liegt in der kürzeren Verfahrensdauer, welche in der Regel nur wenige Tage beträgt. Grund dafür ist unter anderem, dass die Entscheidung über die einstweilige Verfügung und den Arrest ohne mündliche Verhandlung ergehen kann, vgl. §§ 937 Abs. 2, 922 Abs. 1 ZPO. In besonderen Situationen kann sogar ohne die vorherige Anhörung der Gegenseite entschieden werden, was aber wegen dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit nicht der Regelfall ist. Ein weiterer Vorteil liegt in der Beweismaßreduzierung. Im einstweiligen Rechtsschutz genügt es, die maßgeblichen Tatsachen glaubhaft zu machen, wobei zur richterlichen Entscheidungsfindung die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichend ist. Demgegenüber gelingt der im Klageverfahren erforderliche Beweis nur dann, wenn eine gerichtliche Überzeugung von der Richtigkeit der Tatsachen besteht, die etwaigen Zweifeln Schweigen gebietet. Die Entscheidung ergeht häufig durch Beschluss, welcher ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist, was einen weiteren Vorteil für den Antragsteller darstellen kann. Zudem entfällt die Pflicht des Antragstellers zur Vorleistung der Gerichtskosten, welche im regulären Klageverfahren gegeben wäre. Auf der anderen Seite ist aber zu beachten, dass die Entscheidung nur vorläufigen Charakter hat. Der Antragsgegner kann Widerspruch einlegen, was die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Folge hat. Darüber hinaus trägt der Antragsteller das Kostenrisiko, falls sich der Antrag als unbegründet erweist oder zurückgewiesen wird. V. Durchsetzung Ihrer Interessen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Die Kanzlei Pelka unterstützt ihre Mandanten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bei der Durchsetzung ihrer Rechte. In diesem Jahr konnten wir bereits erfolgreich einstweilige Verfügungen für unsere Mandantschaft erwirken. In einem zugrundeliegenden Sachverhalt wandte sich der Mandant als Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH gegen den anderen, in gleicher Höhe beteiligten, geschäftsführenden Gesellschafter des Unternehmens. Letzterer versuchte, den Mandanten als Geschäftsführer abzuberufen und seinen Anstellungsvertrag fristlos zu kündigen sowie seine Gesellschafteranteile einzuziehen. Auf Antrag der Kanzlei Pelka erließ das zuständige Gericht eine einstweilige Verfügung, in welcher es dem Antragsgegner untersagte, eine abgeänderte Gesellschafterliste beim zuständigen Registergericht einzureichen oder die Abberufung des Antragstellers als Geschäftsführer beim zuständigen Registergericht anzumelden. Zudem drohte das Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro und hilfsweise Ordnungshaft an. VI. Fazit Der einstweilige Rechtsschutz bietet die Möglichkeit, eine vorläufige Entscheidung zu erwirken und dadurch die Rechte und Interessen der Mandantschaft schnellstmöglich durchzusetzen sowie drohende Nachteile abzuwenden. Durch die verkürzte Verfahrensdauer, die geringeren Beweisanforderungen und die Möglichkeit der Entscheidung ohne mündliche Verhandlungen bietet der einstweilige Rechtsschutz viele Vorteile. Besonders in unternehmerischen Auseinandersetzungen kann eine vorläufige Entscheidung zweckmäßig sein. Die Kanzlei Pelka verfügt über umfassende Erfahrung im einstweiligen Rechtsschutz und setzt sich gezielt für die Interessen ihrer Mandanten ein, um ihnen auch in dringenden Rechtsfragen als verlässlicher Partner zu Seite zu stehen. Sie möchten sich mit uns in Verbindung setzen? Dann füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus.
von Fabian Lünsmann 19. Februar 2025
I. Einleitung Mitten in der Heizperiode ist es an der Zeit, sich mit der auch im gewerblichen Mietrecht geltenden Umlage der CO2-Kosten zwischen Vermieter und Mieter zu beschäftigen. Mit dem Erhalt der Abrechnungen der Energieversorger und der Nebenkostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2023, für das die Kostenverteilung zwischen Vermieter und Mieter nach dem Kohlendioxid-Kosten-Aufteilungsgesetz (CO2KostAufG) erstmals gilt (Stichtag 01.01.2023), stellt sich in der Beratungspraxis vermehrt die Frage, welche Rechte und Pflichten die Mietvertragsparteien haben, wie diese durchgesetzt werden können und welche rechtlichen und praktischen Schwierigkeiten damit verbunden sind. Im Rahmen des CO2KostAufG geht der Gesetzgeber nunmehr davon aus, dass sich sowohl der Mieter als auch der Vermieter an den Kosten des Energieversorgers aus dem CO2-Zertifikatehandel beteiligen müssen. Bis zur Einführung des CO2KostAufG trug der Mieter als Endverbraucher der Energie diese Kosten allein. Nach dem CO2KostAufG soll nun der Vermieter an diesen Kosten beteiligt werden, da er im Gegensatz zum Mieter den Verbrauch des Gebäudes durch Investitionen in klimaschonende Heizungssysteme und energetischen Sanierungen maßgeblich beeinflussen kann. Der Mieter bleibt als maßgeblicher Verbraucher an den Kosten beteiligt. Nach dem zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Beitrags maßgeblichen gesetzlichen Stand kann jede Partei im Regelfall die Tragung von 50% der entstandenen CO2-Kosten durch die jeweils andere Vertragspartei verlangen (§ 8 Abs. 1 und Abs. 2 CO2KostAufG). Diese pauschale Aufteilung ist durch das Fehlen einer detaillierten Datenlage begründet, die für eine differenzierte Aufteilung wie bei Wohngebäuden erforderlich wäre. Langfristig soll die Pauschale durch ein spezifisches Stufenmodell ersetzt werden, sobald eine ausreichende Datenbasis zur energetischen Qualität und Nutzung des Nichtwohngebäudebestandes vorliegt, was 2025 umgesetzt werden soll. Wie die CO2-Kostenüberwälzung im gewerblichen Mietverhältnis im Einzelnen aussehen kann, soll im Folgenden überblicksartig dargestellt werden. II. Anwendbarkeit auf Bestandsverträge Die neue Kostenbeteiligung des Vermieters gilt automatisch für alle Mietverträge über Gebäude, die mit Gas oder Öl beheizt werden, unabhängig davon, ob die Verträge bereits am 01.01.2023 bestehen oder erst danach abgeschlossen werden. Die Neuregelung gilt für alle Abrechnungszeiträume, die am oder nach dem 01.01.2023 beginnen. Ausgenommen sind lediglich Brennstofflieferungen, die bereits nach alter Rechtslage abgerechnet wurden. III. Anwendbarkeit auf Nichtwohngebäude Sachlich gilt das CO2KostAufG sowohl für die Erzeugung von Heizwärme und Warmwasser durch den Verbrauch von Brennstoffen (Gas oder Öl) im Gebäude als auch für die Lieferung von Wärme und Warmwasser unter Verbrauch dieser Brennstoffe in das Gebäude. Der sonstige Verbrauch von Brennstoffen im Gebäude (z.B. Gas zum Kochen, Kühlen oder Produzieren) ist nicht Gegenstand des Gesetzes. Neben der bereits an anderer Stelle erörterten Verteilung der CO2-Kosten auf die Vertragsparteien eines Wohnraummietvertrages findet das CO2KostAufG auch auf Nichtwohngebäude und damit auf gewerbliche Mietverträge Anwendung. Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden ist jedoch nicht die rechtliche Einordnung des zugrundeliegenden Mietvertrages, sondern die Nutzung des Gebäudes im Sinne des Gebäudeenergiegesetzes (GEG). Im Gegensatz zu Wohngebäuden umfasst der Begriff Nichtwohngebäude alle Gebäude, deren überwiegender Nutzungszweck nicht das Wohnen ist. Hierzu zählen beispielsweise Bürogebäude, Produktionshallen, Einzelhandelsgeschäfte und andere gewerbliche oder öffentliche Nutzungen. Die Regelungen des § 8 CO2KostAufG gelten für alle Mietverhältnisse innerhalb eines solchen Nichtwohngebäudes, unabhängig davon, ob es sich um eine Wohnraummiete, eine Geschäftsraummiete oder eine andere Nutzungsart handelt. In vielen Fällen wird jedoch die Art des Gebäudes mit der Rechtsnatur des Mietverhältnisses übereinstimmen (z.B. Single-Tenant und rein gewerbliche genutzte Multi-Tenant-Gebäude). Bei gemischt genutzten Gebäuden erfolgt die Abgrenzung anhand der Flächennutzung. Werden mehr als 50 % der Nutzfläche nicht zum Wohnen genutzt, ist das Gebäude als Nichtwohngebäude zu qualifizieren. Diese Definition ist für die Anwendung des CO2KostAufG entscheidend, da sie festlegt, wann die hälftige Aufteilung der CO2-Kosten nach § 8 Abs. 1 CO2KostAufG greift und sich von den Regelungen für Wohngebäude unterscheidet, die ein abgestuftes Modell vorsehen, welches sich am energetischen Zustand des Gebäudes orientiert und damit im Zweifel zum Nachteil des Vermieters wirkt. IV. Erstattungsanspruch Vermieters Im Regelfall wird der Vermieter den Mieter im Rahmen des Mietverhältnisses auch mit Wärme und Warmwasser versorgen und diesem gegenüber Kosten hierfür abrechnen. Diese Kosten umfassen in Folge des CO2KostAufG auch die durch den Energielieferanten gegenüber dem Vermieter geltend gemachten CO2-Kosten in hälftiger Höhe (§ 8 Abs. 1 CO2KostAufG). Im Rahmen der ordnungsgemäßen Abrechnung hat der Vermieter dem Mieter zunächst die gesamten angefallenen CO2-Kosten für das Gebäude auszuweisen und den hälftigen Vermieteranteil abzuziehen. Handelt es sich um einem Objekt mit mehreren Mietern, hat der Vermieter sodann die verbleibenden CO2-Kosten auf Grundlage der im jeweiligen Mietverhältnis geltenden Vereinbarungen zur Umlage der Heiz- und Warmwasserkosten unter Berücksichtigung der Bestimmungen der Heizkostenverordnung auf die Mieter zu verteilen. Der Vermieter hat damit eine transparente Abrechnung vorzulegen, die dem Mieter ermöglicht, die Berechnung des auf ihn entfallenden CO2-Kostenanteils im Einzelnen nachzuvollziehen. Der Vermieter muss im Sinne dieser Transparenz bestimmte Kenngrößen aus den Brennstoffrechnungen in die Heizkostenabrechnung übernehmen, weshalb es sich anbietet die Brennstoffrechnungen der Heizkostenabrechnung beizufügen. Dem Mieter steht ein gesetzliches Kürzungsrecht zu, wenn der Vermieter die CO2-Kosten nicht oder fehlerhaft aufteilt oder die für die Berechnung erforderlichen Angaben nicht ordnungsgemäß macht (vgl. § 7 Abs. 4 iVm § 8 Abs. 3 Satz CO2KostAufG). Die Sanktion ermöglicht es dem Mieter, den auf ihn entfallenden Anteil an den Heizkosten um 3 % zu kürzen. Dieses Kürzungsrecht soll sicherstellen, dass der Vermieter seiner Pflicht zur vollständigen und transparenten CO2-Kostenabrechnung nachkommt. Einmal geltend gemacht, bleibt die Kürzung des Heizkostenanteils dauerhaft bestehen und entfällt nicht mehr, selbst wenn der Vermieter die Abrechnung im Nachhinein korrigiert oder ergänzt. Das Kürzungsrecht steht dem Mieter daher auch neben seinem Anspruch auf eine korrekte Abrechnung zu. Der Mieter muss sich also nicht zwischen der Kürzung und der Einforderung einer vollständigen und richtigen Abrechnung entscheiden. Vielmehr hat der Mieter das Recht, die Abrechnung zu kürzen und weiterhin auf einer ordnungsgemäßen Abrechnung zu bestehen. V. Erstattungsanspruch des Mieters Gemäß § 8 Abs. 2 CO2KostAufG hat auch der Mieter der sich selbst mit Wärme oder Warmwasser versorgt, einen Anspruch auf Erstattung von 50 % der Kohlendioxidkosten gegen seinen Vermieter. Dies ist jedenfalls der Fall, wenn der Mieter eine Gasetagenheizung betreibt und eigenständig Gas vom Anbieter bezieht oder eine individuelle Brennstoffversorgung besteht und die CO2-Kosten direkt an den Energielieferanten zahlt (zB bei selbstorganisierter Heizöllieferung für den jeweiligen Mietbereich). Die Höhe des Erstattungsanspruchs richtet sich nach dem hälftigen Anteil des Vermieters an den CO2-Kosten des Mieters. Der Mieter kann anhand der in seiner Rechnung ausgewiesenen CO2-Kosten den auf den Vermieter entfallenden Anteil von 50 % berechnen und diesen Betrag als Erstattung geltend machen. Dabei muss er die Gesamt-CO2-Kosten sowie den Erstattungsbetrag in Geld ausweisen. Dieser Erstattungsanspruch ist binnen zwölf Monaten nach Erhalt der Abrechnung seines Brennstoff- oder Wärmelieferanten geltend zu machen. Die Frist beginnt mit dem Zugang der Abrechnung des Lieferanten beim Mieter und umfasst sämtliche angefallenen CO2-Kosten, unabhängig davon, ob der Brennstoff im Fall der Einlagerung bereits vollständig verbraucht ist. Die Geltendmachung kann in Textform (§ 126b BGB), also unter anderem auch durch E-Mail, erfolgen. Im Rahmen der Geltendmachung sind die entstandenen CO2-Kosten nachvollziehbar darzulegen. Idealerweise erfolgt dies auch hier durch Vorlage einer Kopie der Rechnung des Energielieferanten. Der Vermieter kann den Erstattungsanspruch des Mieters im Rahmen der nächsten Nebenkostenabrechnung verrechnen, muss dies aber nicht. Einer Ankündigung hierüber bedarf es nicht. Die Regelung soll die Abwicklung der Erstattung erleichtern und eine separate Zahlung vermeiden. Die Frist zur Erstattung des Anspruchs beginnt erst mit dem Ablauf der Abrechnungsfrist für die Betriebskostenabrechnung. Falls keine Nebenkostenabrechnung erfolgt, weil eine Nebenkostenpauschale gem. § 556 Abs. 2 S. 1 BGB vereinbart oder keine Betriebskostenumlage vorgesehen ist oder für den Fall, dass keine verrechenbaren Gegenforderungen bestehen, muss der Vermieter den Betrag separat binnen zwölf Monaten ab dem Zugang der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs durch den Mieter erstatten. VI. Praxishinweise In der beratenden Praxis haben sich die folgenden Überlegungen als relevant erwiesen: 1. Unwirksamkeit überhöhter Umlagevereinbarungen Vertragliche Vereinbarungen, nach denen der Mieter bei Nichtwohngebäuden mehr als 50 % der CO2-Kosten zu tragen hat, sind unwirksam. Diese Einschränkung schützt den Mieter vor einer einseitigen Abwälzung der CO2-Kostenlast und stellt klar, dass der Vermieter maximal die Hälfte der Kosten auf den Mieter überwälzen darf. Der Vermieter hat jedoch wie bei Wohngebäuden die Möglichkeit, freiwillig einen höheren Anteil der CO2-Kosten oder die gesamten Kosten zu übernehmen, z.B. aus vertraglichen oder marktstrategischen Gründen (z.B. Green-Lease). 2. Heizkostenpauschale Ist eine Heizkostenpauschale vereinbart, stellt sich die Frage, wie die CO2-Kostenverteilung in diesem Fall zu erfolgen hat. Das CO2KostAufG geht von einer verbrauchsabhängigen Erfassung der Heizkosten aus. Bei einer Heizkostenpauschale, bei der keine separate Verbrauchserfassung erfolgt, muss geprüft werden, ob die Pauschale die gesamten CO2-Kosten umfasst oder ob der Mieteranteil separat gemäß der hälftigen Regelung umgelegt wird. Diese Frage bedarf einer genauen Auslegung der jeweiligen vertraglichen Vereinbarung und könnte, je nach Einzelfall, Einfluss auf die Höhe der vom Mieter zu tragenden CO2-Kosten haben. 3. Verrechnung des Erstattungsanspruchs des Mieters im laufenden Mietverhältnis Wegen der weit hinausgeschobenen Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs (zwölf Monate bzw. Ablauf der nächsten Abrechnungsfrist) scheidet eine Aufrechnung des Mieters mit der laufenden Miete oder den Nebenkostenvorauszahlungen in der Regel aus, auch wenn kein vertragliches Aufrechnungsverbot besteht, da dies die Fälligkeit des Anspruchs voraussetzt. Die gesetzliche Zahlungsfrist schiebt die Fälligkeit des Anspruchs hinaus (§ 271 Abs. 2 BGB). 4. Belegeinsicht und Zurückbehaltungsrecht Als atypischer Fall der Nebenkostenabrechnung durch den Mieter, ist der Vermieter berechtigt, Einsicht in die Originalbelege des Mieters zu nehmen, um diese nachzuvollziehen (§ 259 Abs. 1 BGB). Die Überlegungen zur Einsichtnahme des Mieters in Abrechnungsbelege der sonstigen Nebenkostenabrechnung des Vermieters sind entsprechend anzuwenden. Demnach kann auch der Vermieter die Leistung der Erstattung solange zurückhalten, wie ihm der Mieter die Originalbelege nicht zugänglich macht. Ein Anspruch auf Übersendung der Originalbelege besteht jedoch nicht. 5. Privilegierung des Vermieters Es sind auch Fälle denkbar, in denen der Vermieter durch öffentlich-rechtliche Vorschriften gehindert ist, das Gebäude energetisch zu modernisieren (z.B. Baudenkmal). In diesen Fällen allein wird der Vermieter gesetzlich hinsichtlich der quotalen Kostentragung privilegiert. Je nach dem Grad der Beschränkung halbiert sich sein Anteil bzw. entfällt dieser vollständig (§ 9 Abs. 1 und 2 CO2KostAufG). Der Vermieter hat dem Mieter diese Privilegierung jedoch spätestens bis zur gegenständlichen Heizkostenabrechnung, auf die er die Privilegierung beziehen will, nachzuweisen. Findet eine Heizkostenabrechnung wegen der Selbstversorgung des Mieters nicht statt, dürfte wohl auf die zwölf monatige Zahlungsfrist abzustellen sein, binnen derer der Vermieter die Privilegierung nachweisen muss. 6. Heizfremder Verbrauch Wie eingangs bereits dargestellt, ist das CO2KostAufG in Bezug auf Brennstoffverbräuche zu heizfremden Zwecken nicht anwendbar. Dieser Ausschluss dient dazu, sicherzustellen, dass nur die CO2-Kosten für Raumwärme und Warmwasseraufbereitung in die Verteilung zwischen Mieter und Vermieter einfließen. Heizfremde Anwendungen, die etwa in der Produktion oder in Großküchen vorkommen, dürfen den Erstattungsanspruch des Mieters nicht erhöhen. Insoweit ist insbesondere bei produzierenden Gewerben und gastronomischen Mietern zu beachten, dass der Mieter den heizfremden Anteil der CO2-Kosten ausweisen und seinen Erstattungsanspruch auf echte CO2-Kosten für Heizung und Warmwasser beschränken muss. Andernfalls wird man die dem Erstattungsanspruch zugrundliegende Abrechnung als nicht ordnungsgemäß ansehen müssen, was den Vermieter zu deren Zurückweisung berechtigt (§ 6 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 CO2KostAufG). VII. Fazit Die Umlage der CO2-Kosten im Mietverhältnis stellt sowohl aus Vermieter- als auch aus Mietersicht eine zusätzliche bürokratische Hürde im Rahmen der Durchführung der Mietbeziehung dar, die dieses nicht nur unerheblich belasten kann. Zwar verfolgt das CO2KostAufG das hehre Ziel des Klimaschutzes, die damit verbundene zusätzliche Verwaltungsarbeit dürfte aber keinesfalls zur Vereinfachung der Vertragsbeziehung beitragen. Die neuerliche finanzielle Belastung der Vermieter durch den Gesetzgeber dürfte zwar momentan noch keinen zwingenden Anreiz zu energetischen Sanierung von Gebäuden bieten. Mittelfristig dürfte sich dies jedoch durch das Auslaufen der Preisbindung für CO2-Zertifikate im Jahr 2026 ändern, in dessen Folge erhebliche Preissteigerungen und damit auch stark erhöhte CO2-Kosten zu erwarten sind. Dies dürfte die vermieterseitige Abwägung zwischen den erheblichen Kosten einer energetischen Sanierung und den steigenden, aber nicht mit einer Wertsteigerung der Immobilie verbundenen, CO2-Kosten maßgeblich beeinflussen. Welche Investitionen sich hier tatsächlich rechnen, kann und sollte im Einzelfall bestimmt werden. Die betroffenen Mieter müssen energetische Modernisierungsmaßnahmen grundsätzlich dulden, wenn sie ihnen mit einer Frist von drei Monaten vor Beginn ordnungsgemäß angekündigt werden. Für die Dauer der Modernisierungsarbeiten von drei Monaten ist zudem die Minderung der Miete bei Mängeln ausgeschlossen. Darüber hinaus hat der Vermieter das Recht, jedenfalls bei der Sanierung von Wohnraum, die jährliche Miete um bis zu acht Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten (abzüglich gewährter öffentlicher Fördermittel) zu erhöhen. Bei Nichtwohngebäuden besteht ein einseitiges Mieterhöhungsrecht wegen Modernisierungsmaßnahmen dagegen nur, wenn dies vertraglich vorgesehen ist oder die Parteien hierüber eine gesonderte Vereinbarung treffen. Letztlich sind im Rahmen der gegenseitigen Geltendmachung der Erstattungsansprüche insbesondere die Geltendmachungsfrist, die hinausgeschobene Fälligkeit und die möglichst transparente Abrechnung zu meistern. Zur Bewältigung sind hier weitestgehend die bekannten Grundsätze zum Betriebskostenrecht anzuwenden, wobei das Gesetz jedoch in Teilen Fragen offenlässt. So ist beispielsweise fraglich, wie der im Lagerbestand befindliche Brennstoff, der zukünftig zu heizfremden Zwecken verwendet werden wird, anzusetzen ist. Aktuell ist hier faktisch eine fristgerechte Geltendmachung nicht möglich, da die Angabe bloßer Schätzwerte durch den Mieter keine ordnungsgemäße Abrechnungsgrundlage darstellt. Hier besteht deutlicher Nachbesserungsbedarf seitens des Gesetzgebers. Darüber hinaus bestehen auch verfassungsrechtliche Bedenken vor dem Hintergrund der mit der Umlage der CO₂-Kosten auf den Vermieter bezweckten Lenkung des Vermieters in Richtung einer energetischen Sanierung der Immobilie. Die absolute Höhe der vom Vermieter zu tragenden CO₂-Kosten wird maßgeblich durch den Verbrauch des Mieters bestimmt, den der Vermieter nicht steuern kann. Ob insoweit überhaupt eine wirksame Verhaltenssteuerung erreicht werden kann, ist daher mehr als fraglich und bedarf der Klärung durch das Bundesverfassungsgericht. Die Lenkungswirkung geht jedenfalls dann vollständig verloren, wenn der Vermieter ein energetisch hocheffizientes Gebäude an einen energieverschwenderischen Mieter vermietet. In diesem Fall trägt der Vermieter unabhängig von seinem "erwünschten" Verhalten die Hälfte der CO₂-Kosten und kann sich auf Grund des zwingenden Charakters der Kostenumlage hiervon auch individualvertraglich nicht befreien. Sie möchten mehr dazu erfahren und sich mit uns in Verbindung setzen? Dann füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus.
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